Bei der Veranstaltung „Demokratisierung des Wohnens in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen“ haben wir als Genossenschafter:innen zusammen mit Marie Schubenz (Kommunal & Selbstverwaltet Wohnen) sowie Bettina Barthel (Regionalberatung Berlin-Brandenburg des Mietshäuser Syndikats) über die Bedeutung der Selbstbestimmung für wohnungspolitische Auseinandersetzungen diskutiert. Mit etwa 50 Anwesenden war der Raum leicht überfüllt, was gezeigt hat, dass ein großes Interesse an dem Thema der Demokratisierung und Selbstbestimmung besteht.
Zunächst haben wir die verschiedenen Eigentumsmodelle (Genossenschaft, Mietshaussyndikat und kommunales Eigentum) vorgestellt und damit auch die eigentumsbedingten Vorgaben für Möglichkeiten und Grenzen der Selbstbestimmung. Alle drei Eigentumsmodelle erlauben grundsätzlich eine sehr weitreichende Selbstbestimmung. Während dies jedoch beim Mietshaussyndikat selbstverständlich der Fall ist, muss bei kommunalen Eigentümern mit starken politischen Widerständen gerechnet werden. In Genossenschaften sind hierbei oft nicht nur Vorstände ein Problem, sondern das fehlende oder eingeschlafene Engagement der Genossenschaftsmitglieder.
Es hat sich auch gezeigt, dass ökonomische Fragen eng mit Fragen der Selbstbestimmung zusammenhängen. In allen drei Eigentumsformen gibt es eine starke Motivation stärkere Selbstbestimmung verwirklichen zu wollen, um bezahlbare Mieten und ein sicheres Zuhause zu gewährleisten. Die Auseinandersetzungen um Selbstbestimmung erschöpfen sich dabei jedoch nicht in ökonomischen Fragestellungen. Die Gestaltung der Wohnungen und des Wohnumfelds, Belegungsrechte, ökologische Umgestaltungen, Arbeitsvergaben, Diskriminierung, kinder- und seniorengerechtes Wohnen oder generell die Selbstverwaltung spielen ebenso eine große Rolle.
Kommunal & Selbstverwaltet Wohnen hat hierbei ein Stufenmodell der Mieter:innenmitbestimmung entwickelt, das sich auch auf andere Eigentumsformen übertragen lässt. Die Grundidee ist, dass die Mieter:innen selbst entscheiden können sollen, wie umfassend sie mitbestimmen wollen. So können sie sich nur an größeren Planungsprozessen beteiligen (etwa Neubau oder Modernisierungen) oder eine vollständige Selbstverwaltung anstreben. Auch in Genossenschaften stellt sich die Frage, wie weit Mitglieder oder die Interessenvertretung aktiv beteiligt sein wollen und welche Entscheidungen dem Vorstand überlassen werden sollen. Wichtig ist es jedoch, eine Beteiligungsmöglichkeit nach Wunsch zu haben. Hier bleibt aus Genossenschaftsperspektive die Frage, inwiefern das Genossenschaftsrecht (§27 GenG) unnötige Grenzen setzt.
In der zweiten Hälfte der Veranstaltung hatten alle Anwesenden die Möglichkeit Fragen zu stellen und gemeinsam zu diskutieren. Hiervon wurde rege Gebrauch gemacht und es hat sich gezeigt, dass auf jeden Fall weiterer Gesprächsbedarf besteht. Demokratisierung und Selbstbestimmung ist für viele Engagierte ein wichtiges Thema und sollte daher neben ökonomischen Fragestellungen nicht vernachlässigt werden. Auch in Organizing-Prozessen spielt die Möglichkeit der Mitbestimmung eine große Rolle. Bündnisse in wohnungspolitischen Kämpfen lassen sich auch entlang von Fragen der Selbstbestimmung schmieden. Hier hat die Genossenschaftsbewegung sicherlich etwas beizutragen.