Genossenschaftsgründungen: Gemeinwohl auf Abwegen

Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass gemeinwohlorientiertes Verhalten auf dem Wohnungsmarkt staatlich gefördert werden soll. Aber wo fängt das “Gemeinwohl” an, wo hört es auf? Das ist eine umkämpfte Grauzone, denn alle möchten ein Stück vom Förder-Kuchen. Vor allem, wenn, wie von der schwarz-roten Koalition geplant,  das begehrte Spekulationsgut Boden wieder zum Verkauf steht – an Genossenschaften, da diese gemeinwohlorientiert seien. Merkwürdige Genossenschaftsmodelle wie „Job und Wohnen“ oder aktuell die AIV-Genossenschaft haben mit den Zielen traditioneller Genossenschaften nur noch wenig zu tun, sie sind eher eine Art Investmentfond, geboren aus der Gier nach dem knappen Gut Boden. Kann diese Entwicklung der Genossenschaftsbewegung egal sein? Ein Kommentar (mehr …)

Das verheißt nichts Gutes:
Architektenverein will Genossenschaft gründen

CDU/SPD wollen Grundstücke künftig nicht mehr nur in Erbpacht vergeben, sondern wieder verkaufen – an Genossenschaften. Die Tinte unter dem schwarz-roten Koalititonsvertrag war noch nicht getrocknet, da kreisten schon die Geier über dem Berliner Grundstücksmarkt. Als Erster meldete sich Tobias Nöfer vom Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. (AIV) mit der Ankündigung, eine Genossenschaft gründen zu wollen, deren wesentliches Ziel es sei, städtische Grundstücke zu erwerben und zu bebauen. Vor allem das Filetstück Molkenmarkt gerät dabei ins Blickfeld. (mehr …)

Am 17. März: Diskussion über Genossenschaften und Gemeinwohl

„Potenzial der Genossenschaftsidee: Zwischen gemeinsamem Wirtschaften und Gemeinwohlorientierung“ ist das Thema einer Diskussion am 17. März im werkraum des Genossenschaftsforums in Berlin-Schöneberg. Die Veranstaltung ist Teil einer Gesprächsreihe über Genossenschaften und Nachhaltigkeit im Rahmen der Ausstellung „Faktor Wohnen“, die bis zum 24. März in den Räumen des werkraums zu besuchen ist.

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Genossenschaftsidee und Genossenschaftspraxis

Mit dem „cooperativ Werkraum“ in der Schöneberger Lindenhofsiedlung hat das Genossenschaftsforum  seit einiger Zeit einen Raum, in dem die Genossenschaftsidee der Öffentlichkeit näher gebracht werden soll.  Im November besuchte eine Gruppe der GENOSSENSCHAFTER*INNEN den Werkraum und diskutierte aktuelle Fragen der Genossenschaftspolitik mit Vertreterinnen des Genossenschaftsforums.

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Buffets statt Mitbestimmung. Die Berliner Genossenschaften sollen größeren Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung leisten

Von Yannic Walther, nd

Es gibt nicht die einen Genossenschaften. Unter dieser Rechtsform versammelt sich eine Bandbreite an kleinen, großen, jungen und alten, mehr oder weniger gemeinwohlorientierten Beispielen. Dennoch: Der soziale Beitrag, den Genossenschaften gegenwärtig zur sozialen Wohnraumversorgung leisten, könnte deutlich größer sein, ist man sich beim alternativen Genossenschaftstag einig. »Viele Genossenschaften sind Kinder der Not, heute sind sie saturiert und lassen die Not ein bisschen an sich vorbeiziehen«, erklärt Jan Kuhnert, Vorstandsvorsitzender des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens, am Freitag bei einer Podiumsdiskussion im Gebäude der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Ostbahnhof.

Das Problem liegt dabei nicht im Bestand.

Circa 190 000 Genossenschaftswohnungen gibt es derzeit in Berlin, damit stellen sie über elf Prozent des Wohnungsbestandes in der Hauptstadt. In ihren Beständen liegen die Mieten im Schnitt sowohl unter denen privatwirtschaftlicher als auch landeseigener Wohnungsunternehmen. Dadurch, dass sie größtenteils auf Mieterhöhungen verzichten, sorgen sie für Stabilität auf dem Berliner Wohnungsmarkt und dämpfen den Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Doch beim Neubau bezahlbarer Wohnungen könnten Genossenschaften einen größeren Beitrag leisten, meint der Stadtsoziologe Andrej Holm. Die Neubaumieten liegen auch bei Genossenschaften in der Regel über zehn Euro je Quadratmeter. Diese werden projektbezogen kalkuliert. Dabei könnten die Überschüsse, die sich vor allem in den altgedienten Genossenschaften über viele Jahre angehäuft haben, genutzt werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, findet Holm.

Dem entgegen stehen die auch am Freitag viel besprochenen »Spardoseneffekte«: Man kümmert sich vor allem um die Interessen der bestehenden Genossenschaftsmitglieder. Das gilt für den zögerlichen Neubau, von denen die Mitglieder im Bestand erst einmal wenig haben. Ebenso gilt es für die Vergabe frei werdender Wohnungen vor allem an Verwandte und nach dem Kriterium, wer am längsten auf der Warteliste steht. Alternativ denkbar wäre hier eine Sozialquote für jene Haushalte, die sich am privaten Markt nicht mit angemessenem Wohnraum versorgen können, hieß es am Freitag.

Das Problem sei aber auch, dass die Vorstände von Genossenschaften, die teils aus der privaten Wohnungswirtschaft kommen, diese mitunter als normale Wohnungsunternehmen am Markt verstehen. Zwar könne man die Vorstände nicht ganz aus ihrer verantwortlichen Rolle entlassen, wenn am Ende die Zahlen stimmen müssen, meint Jan Kuhnert. Doch unter anderem bei der Frage, nach welchen Regeln wer eine Genossenschaftswohnung bekommt, sollten die Genossenschaftsmitglieder basisdemokratischer entscheiden können, so Kuhnert. Bisher ist die demokratische Realität oft vom Abnicken auf der jährlichen Versammlung geprägt. »Buffets ersetzen die Mitbestimmung«, beschreibt es Ralf Hoffrogge von der Initiative Genossenschafter*innen.

Ein Gründungsimpuls der Initiative, die sich vorgenommen hat, Genossenschaften untereinander und diese mit den stadtpolitischen Bewegungen zu vernetzen, war auch die ablehnende Haltung, die einige Genossenschaften gegenüber dem Berliner Mietendeckel einnahmen. Vier klagten sogar dagegen. Ebenso beteiligten sich Genossenschaften an einer Kampagne gegen das Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co enteignen und warben bei ihren Mitgliedern für ein Nein zum Volksentscheid. Auch in der Debatte um die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit nehmen Genossenschaften bisher eine kritische Haltung ein.

»Was stadtpolitisch diskutiert wird, kommt in den alten Strukturen nicht an«, sagte Juliane Lang, Aufsichtsrätin bei der Treptower Park eG sowie der Eine für Alle eG, die als junge Dachgenossenschaft bezahlbare Gewerberäume sichern will. Dennoch ändere sich gerade vor allem bei der Zusammensetzung der Mitglieder etwas, während die Strukturen noch sehr starr bleiben würden, erzählt sie.

»Eine Strukturveränderung von innen reicht nicht aus, es müssen sich auch die wohnungspolitischen Rahmenbedingungen verändern«, meint Andrej Holm. Er hofft darauf, dass sich Genossenschaften wieder stärker als politische Akteure verstehen und selbst formulieren, wie beispielsweise Förderprogramme aussehen müssten, die von ihnen auch in Anspruch genommen werden.

Link zum Text

Alternativer Genossenschaftstag: Zwei Tage Diskussion über die Zukunft der Wohnungsgenossenschaften

 

Mit einer Podiumsveranstaltung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung startete am Freitag, 2.9., der Alternative Genossenschaftstag 2022 (Programm hier). Es diskutierten, moderiert von Ralf Hoffrogge von den GENOSSENSCHAFTER*INNEN, Juliane Lang, Aufsichtsrätin in einer traditionellen und einer neuen Genossenschaft,  Jan Kuhnert, Vorstandsvorsitzender des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens  und der Stadtsoziologe Andrej Holm. Der folgende Bericht „Buffets statt Mitbestimmung“ ist dem nd vom 5.9. entnommen. (Danke für die Abdruckgenehmigung): HIER.

Am Samstag diskutierten wir in Workshops die aktuelle wohnungspolitische Situation und wie Genossenschafter:innen darauf reagieren können.

 

Ein Grund zum Feiern. Und zum Ärmelaufkrempeln!

Erklärung der Genossenschafter*innen zum Internationalen Genossenschaftstag

Am 2. Juli findet der „Internationale Genossenschaftstag“ statt, der 1923 durch die International Cooperative Alliance ins Leben gerufen wurde und seit 1992 mit der Resolution 47/90 auch offizieller UN-Feiertag ist. Der Tag soll das Bewusstsein für Genossenschaften und deren Ideale einer solidarischen Ökonomie feiern und fördern.

Genossenschaften waren auch in Deutschland ein wichtiger Impulsgeber für eine soziale, demokratisch organisierte Wirtschaft. Gerade die Wohnungsgenossenschaften haben in diesen 100 Jahren häufig bewiesen, dass sie in der Lage sind, auf schwierige, veränderte Rahmenbedingungen mit neuen Ideen zu antworten. Einige der schönsten Wohnanlagen der 1920er Jahre wären ohne die Genossenschaftsbewegung nicht denkbar. Angesichts der aktuellen Krisen ist von dieser Kreativität aber wenig zu spüren. (mehr …)

Bericht Workshop „Wohnen jenseits des Markts – Herausforderungen für ein gemeinnütziges Wohnen“

Im Workshop „Wohnen jenseits des Markts – Herausforderungen für ein gemeinnütziges Wohnen“ haben drei Referent*innen gemeinsam mit etwa 60 Teilnehmenden über die gegenwärtige Situation am Wohnungsmarkt und den Beitrag von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen zur Lösung der Notlage diskutiert.

Mit drei Auftaktstatements haben die drei Referent*innen den Workshop eröffnet. Inga Jensen (Politikwissenschaftlerin und Urbanistin, Uni Weimar) hat Befunde aus ihrer Forschung zur Rekommunalisierung von Wohnraum präsentiert, Gisela Notz (Historikerin und Autorin) hat den Beitrag von Wohnungsbaugenossenschaften zu historischen und aktuellen Krisen herausgestellt und Günter Piening (Genossenschaftsmitglied und stadtpolitscher Aktivist bei Die Genossenschafter*innen) hat die Grenzen der genossenschaftlichen Beteiligung und zukünftige Handlungsbedarfe skizziert.
Zunächst sind die derzeitigen Zwänge und Notlagen am Wohnungsmarkt zur Sprache gekommen, die den Alltag von Mieter*innen prägen aber auch den Handlungsrahmen gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen bestimmen. Ein besonderer Blick wurde auf das Demokratiedefizit alt eingesessener Wohnungsgenossenschaften gerichtet, die zwar oftmals noch bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, sich sonst aber nur wenig von der privatwirtschaftlichen Konkurrenz unterscheiden. Diese Defizite wurden auch von den Teilnehmenden aus dem Publikum bestätigt, die ihrerseits weitere Herausforderungen, wie beispielsweise klimagerechte Bestandssanierung und Hürden für selbstverwaltetes Wohnen, zur Debatte beitrugen.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden mögliche Lösungswege in den Blick genommen. Es wurden Besonderheiten von kommunalen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften aber auch andere Formen solidarischen und selbstverwalteten Wohnens, etwa Hausprojekte oder das Mietshäusersyndikat angesprochen und diskutiert, welchen Beitrag sie für eine zukünftige Stadtpolitik leisten können. Folgende Aspekte standen bei der Diskussion im Mittelpunkt: Erstens, auch gemeinwohlorientierte Unternehmen werden oftmals von Personen geführt, die bei ihren Entscheidungen den Mustern der konventionellen, profitorientierten Immobilienwirtschaft folgen. Hier könnte eine alternative Managementausbildung Abhilfe schaffen. Zweitens, demokratische Mitbestimmung der Mieter*innen und Genossenschaftsmitglieder ist oft stark formalisiert. Es ist notwendig, Mitbestimmung und Beteiligung bei kommunalen Unternehmen und Genossenschaften auszubauen und den Beteiligten Unterstützung bei dieser Demokratisierung anzubieten. Drittens, eine intensive eigene Auseinandersetzung mit der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Ausrichtung der Unternehmen durch die Bewohnerschaft kann eine wichtige Form der Einflussnahme sein. Zugleich erhöhen sich Wohnzufriedenheit und Identifikation mit dem Unternehmen und auch die Nachbarschaft kann mit einbezogen werden. Wie dies im Detail aussehen kann, wurde anhand der Gemeinwohlbilanz einer Berliner Genossenschaft vorgestellt (Mehr Infos hier). Im Workshop wurde deutlich, dass der größte Teil der wohnungspolitischen Fragen – im Kleinen wie im Großen – Beharrlichkeit erfordert und dass Demokratisierung und Gemeinwohlorientierung immer wieder neu erkämpft werden müssen.
Danke an alle Beteiligten für die konstruktive und anregende Diskussion!

Bericht Workshop „Demokratisierung des Wohnens“

Bei der Veranstaltung „Demokratisierung des Wohnens in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen“ haben wir als Genossenschafter:innen zusammen mit Marie Schubenz (Kommunal & Selbstverwaltet Wohnen) sowie Bettina Barthel (Regionalberatung Berlin-Brandenburg des Mietshäuser Syndikats) über die Bedeutung der Selbstbestimmung für wohnungspolitische Auseinandersetzungen diskutiert. Mit etwa 50 Anwesenden war der Raum leicht überfüllt, was gezeigt hat, dass ein großes Interesse an dem Thema der Demokratisierung und Selbstbestimmung besteht. (mehr …)

Workshops der GENOSSENSCHAFTER*INNEN auf der Enteignungskonferenz 27.-29. Mai

Am Himmelfahrtswochenende (27.-29. Mai 2022) wird eine große bundesweite Konferenz rund um die Themen Enteignung und Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen in den Räumen der TU Berlin stattfinden. Eröffnet wird die Konferenz von Balakrishnan Rajagopal, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Wohnen. In Podiumsdiskussionen und Workshops werden Hintergründe der derzeitigen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt beleuchtet, Alternativen diskutiert und Praxiserfahrungen weitergegeben.

Die GENOSSENSCHSCHAFTER*INNEN bringen auf dem Kongress die genossenschaftliche Perspektive mit zwei Veranstaltungen am Samstagnachmittag ein. Um 14 Uhr geht es um Selbstverwaltung und Demokratisierung des Wohnens in unterschiedlichen Rechtsformen und Eigentumsverhältnissen, um 16.30 Uhr untersuchen wir Chancen und Grenzen der Vorschläge für eine neue Gemeinnützigkeit.

Das gesamte Programm ist hier
Ein tabellarischen Überblick zum Download hier: Programm_überblick. 
Direkt zur Anmeldung geht es hier

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