Genossenschaftsidee und Genossenschaftspraxis

Mit dem “cooperativ Werkraum” in der Schöneberger Lindenhofsiedlung hat das Genossenschaftsforum  seit einiger Zeit einen Raum, in dem die Genossenschaftsidee der Öffentlichkeit näher gebracht werden soll.  Im November besuchte eine Gruppe der GENOSSENSCHAFTER*INNEN den Werkraum und diskutierte aktuelle Fragen der Genossenschaftspolitik mit Vertreterinnen des Genossenschaftsforums.

Seit einigen Jahren residiert das Forum in der Eythstr. 32 inmitten der Lindenhof-Siedlung der GeWoSüd eG

Der Lindenhof…

Zunächst lud uns Caroline Rosenthal von der Leitung des Forums zu einer Führung durch den Lindenhof ein. Die Siedlung wurde vom Stadtbaurat Martin Wagner zusammen mit Bruno Taut und dem Landschaftsarchitekten Leberecht Migge als Gartenstadt konzipiert. Ziel war es, möglichst viel Licht in die Räume zu lassen und die Häuser mit Grün – darunter Hausgärten für die Bewohner – zu umgeben. 1920 waren alle Häuser (127 Vierfamilien und 75 Einfamilienhäuser) fertiggestellt.
Als zentraler Kopfbau an der Eythstraße Ecke Domnauer Straße wurde ein von Bruno Taut entworfenes Ledigenheim für 120 Personen errichtet. Dieses Gebäude wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Nach 1945 wurden hier weitere Genossenschaftswohnungen in 4- bis 8-stöckigen Wohnhäusern gebaut. Auf dem Gelände befinden sich parkähnliche Freiflächen mit altem Baumbestand und einem in der Eiszeit entstandenen Weiher.
Der Lindenhof umfasst heute 232 Häuser (163 Mehrfamilien- und 69 Einfamilienhäuser) mit insgesamt 1.267 Wohnungen. Das gesamte Ensemble steht unter Denkmalschutz.

Das Genossenschaftsforum…

Nach der Führung versammelten wir uns wieder in der Geschäftsstelle des Genossenschaftsforums, die zugleich auch ein Werkraum mit Ausstellung zu aktuellen Fragen des Genossenschaftswesens ist. Zu dem vorgesehenen Gedankenaustausch kam nun die Geschäftsführerin, Dr. Barbara König, hinzu. Wir erfuhren, dass das Forum 1994 als Verein gegründet wurde.
Ziel des Vereins ist neben der Weiterführung des Archivs zur „Geschichte der Wohnreform“, das Prof. Dr. Klaus Novy an seinem Lehrstuhl an der TU angelegt hatte, die wissenschaftliche Begleitung des Genossenschaftswesens und seiner Entwicklung verbunden mit entsprechender Forschung und Öffentlichkeitsarbeit.
Gründungsmitglieder waren 1994 zwölf Berliner Wohnungsbaugenossenschaften, jetzt zählt der Verein 49 Wohnungsbaugenossenschaften aus Berlin und Brandenburg als stimmberechtigte Mitglieder.

Fachlicher Austausch…

Im Gespräch haben wir uns zu verschiedenen aktuellen Themen des Berliner Genossenschaftswesens ausgetauscht. Es ging dabei um Fragen des formalen Aufbaus von Genossenschaften sowie die Notwendigkeit, die Kommunikation zwischen Genossenschaften und ihren Mitgliedern zu verbessern. Ein umfangreicher Diskussionspunkt war das Spannungsfeld zwischen den Privilegien einzelner Genossenschaftsmitglieder und den stadtpolitischen Herausforderungen auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt. Kontrovers haben wir darüber diskutiert, welche Kompromisse erforderlich sind zwischen genossenschaftlicher Solidarität auf der einen Seite und dem Handlungsspielraum von Genossenschaftsvorständen. Sowohl bei der Einschätzung der Rolle der Altgenossenschaften und ihrer Vorstände hinsichtlich des Mietendeckels als auch bei den Potentialen einer möglichen neuen Wohngemeinnützigkeit zeigten sich unterschiedliche Schwerpunkte. Es wurde deutlich, dass der Aufbau von Genossenschaften, insbesondere die Frage, welchen Einfluss die Mitglieder von Genossenschaften auf die Führung der Geschäfte haben sollen, Dreh- und Angelpunkt der Debatte über die Zukunft der Genossenschaften sind.

Mit unserem Dank für die freundliche Aufnahme endete das Gespräch. Zu guter Letzt folgte noch ein Hinweis auf die kommende Ausstellung im Genossenschaftsforum, dort wird ab Februar 2023 die Wanderausstellung FAKTOR WOHNEN – Ökologisch um:bauen mit regenerativen Baustoffen gezeigt.

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