Beamtenwohnungsverein zu Berlin eG – vermeintlich „Genderneutrale Sprache“

Zur Vertreter:innenwahl im Beamtenwohnungsvereins zu Berlin eG erreichte uns folgende Zuschrift:

In einem Schreiben vom 13. Februar 2023 zur Vertreter:innen-Versammlung 2023 des Beamtenwohnungsvereins zu Berlin eG wird folgendermaßen argumentiert:

„Bitte gestatten Sie uns nachstehend in diesem Zusammenhang einige organisatorische Hinweise: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen und sprechen mit sämtlichen Personenbezeichnungen alle Geschlechter an.“

Nachfolgend wird dann durchgängig die männliche Schreibweise verwendet, es gibt auch kein „Vertreterinnen und Vertreter“, sondern um „der besseren Lesbarkeit“ willen nur die männliche Form. Dies irritiert umso mehr, da der Beamtenwohnungsverein einer der wenigen großen Genossenschaften ist, die einen weiblichen Vorstand haben, sie müssten es doch also besser wissen?

Mittlerweile wird in der Wissenschaft, in der Verwaltung, in den Tagesszeitungen sowie den überregionalen Zeitungen sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise verwendet. Die Gesellschaft besteht zur Hälfte aus Frauen, wieso werden wir der „besseren Lesbarkeit“ halber weggelassen? Das ist unzeitgemäß und diskriminierend allen Mitgliederinnen dieses Vereins gegenüber.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben seinerzeit so formuliert:

Artikel 3. (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Die durchgehende Verwendung der männlichen Schreibweise in diesem Schreiben benachteiligt mich. Ich fühle mich dadurch ausgeschlossen und ausgegrenzt. So geht das einfach nicht mehr – Wo leben wir denn?

Hinweis

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Zum 8. März: Hermann Schulze-Delitzsch kennt jede:r, aber Helma Steinbach?

Foto: Von unbekannt – Hamburger Genossenschaftsmuseum, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=9284091

Obwohl sich die Stellung der Frauen im Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889 nur wenig von dem der Männer unterschied, blieb die Genossenschaftsbewegung ein von Männern dominierter Bereich. Eine der Frauen, die sich im beginnenden 20. Jahrhundert gewerkschaftlich und politisch engagierte, war Helma Steinbach (1847 – 1918). Mit ihren Erfahrungen als Schneiderin und Plätterin setzte sie sich für die Situation der Arbeiterinnen ein, gründete eine Gewerkschaft der Plätterinnen und organisierte in Hamburg den ersten Streik der Wäscherinnen.

Sie gehörte als einzige Frau zu den Gründungsmitgliedern des Konsum-, Bau- und Sparvereins „Produktion“ von 1899. Schon bald wurde die „PRO“ zu einem international bewunderten zukunftsweisenden Unternehmen, das seine Mitglieder mit Lebensmitteln versorgte, Wohnungen baute und gute Arbeitsbedingungen und Löhne für die Beschäftigten garantierte.
Helma Steinbach gilt heute als Pionierin der Gewerkschaften und Genossenschaften, auch weil sie auf Kongressen mit begeisternden und „gefürchteten“ Reden auftrat und Kritik an ungerechten Strukturen in den Genossenschaften nicht scheute.

Heute heißen sie „Weiberwirtschaft“ oder „Milchmädchen“: Genossenschaften, die in Ost und West von Frauen gegründet und/oder geführt werden, stellt Barbara Bollwahn in ihrem Buch „Fauengenossenschaften – Genossenschaftsfrauen“ vor.
https://www.zdk-hamburg.de/blog/2008/01/frauengenossenschaften-genossenschaftsfrauen/

Progressive Wende statt rückwärts mit Schwarz-Rot

Berlins Mieter*innen brauchen eine progressive Wende in der Stadt- und Wohnpolitik – die Stadt darf nicht reaktionären Plänen und Investor*inneninteressen ausgeliefert werden.

83 Prozent aller Menschen in Berlin leben zur Miete. Berlin ist die Stadt der Mieter:innen. Und im Wohnen verdichten sich die großen Konfliktfelder von sozialer Ungleichheit, von Verteilungsfragen, Diskriminierung und auch Klimagerechtigkeit.
Die CDU ist eine Partei des Immobilienkapitals. Auf ihr – und insbesondere Kai Wegners – Agieren hin wurde 2020 der Mietendeckel gekippt. Als Lohn gab es von der Immobilienlobby im gleichen Jahr satte Spenden, die 80 Prozent der gesamten Parteispenden der CDU ausmachten.
Die CDU ist außerdem eine rückwärts gewandte Partei. Ihre rassistische Zuspitzung der Debatte über die Silvesterkrawalle und die Ankündigung der Abschaffung des Antidiskrimminierungsgesetzes nach einem Regierungsantritt sprechen eine offen reaktionäre Sprache.
Wir begreifen eine mögliche CDU-Regierungsbeteiligung folglich als Abschied vom Projekt einer fortschrittlichen Politik – auch und gerade im Bereich des Wohnens. Eine Koalition der SPD oder der Grünen mit der CDU bewerten wir als Preisgabe des Mieter*innenschutzes als politischem Auftrag, als Rückabwicklung erster zaghafter Ansätze einer partizipatorischen Stadtentwicklung und als Kampfansage an die von Mietpreissteigerung und Verdrängung bedrohten Mieter*innen Berlins.
Statt rot-schwarz braucht unsere Stadt einen Neustart von rot-grün-rot als wirklich progressiver Koalition. Dem muss diesmal ernsthafte Politik für das Wohl der Berliner*innen zugrunde liegen. Und im Bereich der Stadtentwicklung ist eine Vorbedingung dafür, dass die SPD sich von ihren Altlasten als Partei des Immobilienfilzes trennt. Ihre ideologische Sperrung gegen die – durch die Stadtgesellschaft und die eigene Parteibasis – längst legitimierte Umsetzung der Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne, das Durchdrücken regressiver Gestaltungspläne für den Molkenmarkt oder den Hermannplatz, sowie die Hinterzimmerdeals mit Investoren haben gezeigt, durch wen eine soziale Ausrichtung der rot-grün-roten Koalition im Bereich der Stadtentwicklung aktiv behindert wird: Durch Franziska Giffey, Andreas Geisel, Petra Kahlfeldt und ihre Gefolgsleute vom rechten SPD-Flügel.
Eine progressive Berliner Koalition muss daher, um für die Berliner*innen zu funktionieren, ihre Schlüsselpersonalien abseits von innerkoalitionären Machtkämpfen so wählen, dass die aktuellen Konfliktfelder im Bereich des Wohnens zukunfts- und gemeinwohlorientiert angegangen werden. Unserer Ablehnung einer Regierungsbeteiligung der CDU fügen wir die Forderung an alle r2g-Koalitionär:innen hinzu, Regierungs- und Verwaltungsposten entsprechend zu besetzen: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen muss von einer Person geleitet werden, welche die Interessenvertretung der Mieter:innen und deren Verteidigung gegen die Spekulation mit ihrem Wohnraum als grundlegendes Motiv ihres Handelns im Amt versteht. Statt untätig das – ohnehin uneingelöste – Bauen-Bauen-Bauen-Mantra nachzubeten, muss die gesamte Klaviatur von Bestandsschutz, Stärkung des gemeinwohlorientierten Sektors, von kommunalem Wohnungsbau, kooperativer Stadtentwicklung sowie entsprechender Initiativen im Bundesrat gespielt werden. Die Wohnraumversorgung Berlin muss wieder durch einen Vorstand besetzt werden, der die städtischen Wohnungsunternehmen auf die wirklichen Bedarfe unserer vielfältigen Stadtgesellschaft verpflichtet. Die Senatsbaudirektion muss eine „Stadt für Alle“ zum Leitgedanken erklären, der Intransparenz und autoritär getroffene Entscheidungen bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes ausschließt. Und die nächste Berliner Bürgermeister:in sollte Partizipation und demokratische Beschlüsse achten, statt sie beiseite zu wischen, sowie es verstehen, die Fäden von sozialer Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit in der Stadtentwicklung zusammenzuführen.

Auch eine Petition des Arbeitskreises Munizipalismus Berlin wendet sich gegen eine Regierungsbeteiligung der CDU: hier

 

Mögliche CDU-Beteiligung sorgt für Unruhe

Wer zieht mit wem ins Rote Rathaus? (Foto: Norbert Braun auf unsplash)

Die mögliche Beteiligung der CDU am nächsten Berliner Senat sorgt für Unruhe in der wohnungs- und stadtpolitischen Bewegung. In einem von Bizim Kiez initiierten Aufruf, der auch von den GENOSSENSCHAFTER*INNEN unterstützt wird, heißt es: Eine Koalition mit der CDU „werden wir als Preisgabe des Mieter*innenschutzes als politischem Auftrag, als Rückabwicklung erster zaghafter Ansätze einer partizipatorischen Stadtentwicklung und als Kampfansage an die von Mietpreissteigerung und Verdrängung bedrohten Mieter*innen Berlins bewerten.“ Berlin brauche einen Neustart von rot-grün-rot als wirklich progressiver Koalition. „Und im Bereich der Stadtentwicklung ist eine Vorbedingung dafür, dass die SPD sich von ihren Altlasten als Partei des Immobilienfilzes trennt.“

Die Erklärung im Wortlaut HIER

Am 17. März: Diskussion über Genossenschaften und Gemeinwohl

„Potenzial der Genossenschaftsidee: Zwischen gemeinsamem Wirtschaften und Gemeinwohlorientierung“ ist das Thema einer Diskussion am 17. März im werkraum des Genossenschaftsforums in Berlin-Schöneberg. Die Veranstaltung ist Teil einer Gesprächsreihe über Genossenschaften und Nachhaltigkeit im Rahmen der Ausstellung „Faktor Wohnen“, die bis zum 24. März in den Räumen des werkraums zu besuchen ist.

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