Grüße von den Bahamas

Das 2017 eingeführte Transparenzregister sollte für mehr Transparenz auf dem Berliner Immobilienmarkt sorgen. Wie eine aktuelle Recherche der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt, hat es bisher diese Aufgabe nicht erfüllt. Anhand einer Auswahl von über 400 Gesellschaften, die in Berlin Immobilien besitzen, und 15 illustrativen Beispielen belegt diese Studie, wie groß das Problem von anonymen Immobilieneigentümern und intransparenten Eigentümerstrukturen in der Stadt ist. Die Studie gibt es HIER

 

Betrachtung von Relationen in der Preisentwicklung bei Wohnungsgenossenschaften im Kontext der Wachstumsgesellschaft

Die Relationen und Vergleichsebenen, die heute gerne in gesellschaftlich relevanten Diskursen herangezogen werden, erscheinen oft als unsachlich und unrealistisch. So hat sich z.B. die Vorstellung davon, was groß ist, seit den 1960er Jahren in fast allen Bereichen des Lebens vervielfacht.

Hierzu ein Beispiel aus der Welt des Lebensmittelkonsums:
in den 1960er Jahren lief eine 0,75 l Flasche Cola noch als Familienpackung.
Heute ist eine solche Familienpackung für einen einzelnen Kino- oder Konzertbesuch nicht mehr genug.
Wo man diese Getränkemenge oft schon für geringste Zuzahlung verdoppeln kann, kommen außerdem tief sitzende Instinkte zum Tragen. Wer jemals rechnen musste, würde sich dumm vorkommen, wenn er sich dieses Schnäppchen entgehen ließe. Und wer gelernt hat, dass man Lebensmittel nicht wegwirft, trinkt den Kanister täglich aus. Der Mensch neigt dazu, bei einem Angebot von drei Möglichkeiten die mittlere als das vernünftigste für sich zu wählen. Wo Speisen oder Getränke gleich von vornherein in
L, XL und XXL angeboten werden, ist L nicht mehr groß, sondern klein und XL ist das normale.

Diese Veränderung der Vorstellung im Konsum der vom Wachstum geprägten Gesellschaft lässt sich in etwas abgewandelter Weise in fast allen Bereichen des Lebens finden: wie z.B. auch bei den Zulassungszahlen der XXL-Autos, der SUVs, dem Fleischkonsum, dem Luft- und/oder Kreuzfahrtschiffsverkehr oder eben den extremen Preissteigerungen auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt.

Spätestens aber seit der Veröffentlichung des Berichts „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome 1972 wissen wir, dass es mit der am Konsum orientierten Wachstumsgesellschaft so nicht weitergehen kann. Geändert hat sich seitdem kaum etwas. Das Gegenteil ist leider eher der Fall. Die durch die von Edward Bernasys in den 1950er Jahren maßgeblich entwickelten Methoden zur Kauf- und Konsumsteuerung (public relation) und zur damit initiierten Konsumgesellschaft entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten zur neuen Blüte, zum ungehemmten Wachstum und Ressourcenverbrauch, bis heute. Wachstum um jeden Preis ist nach wie vor die alles bestimmende Devise.

Auch in der Sprache manifestiert sich die Verschiebung hin zu Superlativen. Die Wortphrasen finden sich in Geschäftsberichten genauso wieder wie im Tagesjournalismus. Da reicht z.B. das Wort „spannend“ nicht mehr aus. Eine Immobilienplanung wird so gerne als „hoch spannendes Wachstumsprojekt“ beschrieben, dass mit „seinen dynamischen Entwicklungsmöglichkeiten auf einen hochinteressanten Wachstumsmarkt trifft. Man erwartet eine Verdoppelung bis 2030“. Normale Neubauten mit meist Eigentumswohnungen werden zu „Wohnparks“, „Parkquartieren“ oder gar zu „Kaisergärten“. Vonovia baut z.B. die „Alboin-Gärten“ in der Bessemerstraße. Besonders verlockend „der schnell wachsende Markt bei rasant steigender Nachfrage“.
Das ist die Sprache einer auf neoliberalen Gedanken basierenden „marktkonformen Demokratie“, wie dies die Bundeskanzlerin (um 2011) ins Gespräch brachte.
In diesem Kontext betrachtet ist die populistische Kampagne des Dachverbandes und des BBU gegen den „Berliner Mietendeckel“ zu kritisieren. Eine positive Positionierung / Aussage der Genossenschaften zu dem Thema wäre: Die Berliner Wohnungsgenossenschaften unterstützen dem Grunde nach die aktuelle Politik zur zeitlich begrenzten Regulierung des Berliner Wohnungsmarktes, obwohl den Genossenschaften möglicher Weise dadurch Nachteile entstehen könnten. So hätten sich die Wohnungsgenossenschaften eindeutig für das Gemeinwohl auf dem Wohnungsmarkt und gegen die Preistreiberei positionieren können. Es macht den Eindruck, dass hier die beteiligen Wohnungsgenossenschaften durch den Lobby-Verband der Immobilienwirtschaft BBU schlecht beraten sind. Denn mit dem Argument der Anpassung der Nutzungsgebühren an die „marktüblichen Vergleichsmieten“ (Berliner Mietenspiegel) profitieren auch die Wohnungsgenossenschaften von den massiven Preissteigerungen am Wohnungsmarkt. Denn bezahlbare Mieten, die sich deutlich von denen am rein Profit orientierten Wohnungsmarkt unterscheiden, sind ein wesentlicher Grund, in einer Genossenschaft zu wohnen und zu leben. So ist die alleinige Argumentation bezogen auf die Entwicklung der Vergleichsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt fatal. Sie führt langfristig zu nicht mehr kalkulierbaren Mietsteigerungen, die nicht im Sinne des genossenschaftlichen Wohnens sein können.
Um die in der Gesellschaft tief verankerte Vorstellung von Konsum und Wachstum zu verändern, benötigen wir eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen „Deckeln“ / Begrenzungen. Denn wir müssen die Klimaveränderungen schnellstmöglich in den Griff bekommen. Und dies geht im Grunde nur durch Reduktion! – im Individualverkehr, im Flugverkehr, im Fleischverzehr etc. …. kurzum in der Reduktion von Konsum. Oder können wir uns eine weitere Steigerung des Individualverkehrs, des Flugverkehrs oder des Fleischkonsums gut vorstellen? Können wir uns ernsthaft eine weitere Steigerung von Mieten- und Grundstückspreisen vorstellen? Wie bitte soll das funktionieren? Wem soll das nutzen?
Ohne konsequente Regulierung verbunden mit innovativen Ideen und völlig anderen Vorstellungen wird sich der Grundwiderspruch unser Lebensart, exzessiver Verbrauch und Preissteigerungen, seien diese auch noch so umweltfreundlich organisiert, nicht beheben lassen.

Ausblick
Die 1988 von uns gegründete private Hochschule „bildo akademie für Kunst und Medien“ stand damals schon unter dem Motto (Leitbild) „consumer reset“ und stellte damit einen Gegenpol zum neu aufkommenden Slogan der Unterhaltungsindustrie „The world of consumer electronics“ dar. Ein Ziel war es, in Lehre und Forschung die neuen Kommunikationsmedien zu studieren und zu hinterfragen, um einen bewussteren Umgang mit den entstehenden digitalen Medien (Medienkompetenz) zu bilden und deren gesellschaftliche Relevanz zu erforschen. Mit Unterstützung neuer Technologien gesellschaftlich relevante Prozesse wie Arbeitsverhältnisse, Klimawandel, Naturschutz etc. zu erforschen und zu gestalten, war das Ziel. Diese Arbeit haben wir in der HTW im Studiengang Kommunikationsdesign fortgesetzt und weiterentwickelt. (siehe u.a.: Kommunikationsdesign als Möglichkeit Gesellschaft gestaltender Kompetenz)
Denn die sinnvoll eingesetzten digitalen Innovationen können einen wesentlichen Beitrag zum ökologischen Umbau des Gesellschaftssystems leisten, der nicht nur darauf beschränkt bleibt, die Verbrennungsmotoren der SUVs gegen Elektromotoren auszutauschen.

Besonders die Wohnungsgenossenschaften könnten wie im Buch von Harald Welzer „Alles könnte anders sein – Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen“ ein besonderes Beispiel für eine reale Utopie jenseits des Wachstumsfetischismus sein. Die Wohnungsgenossenschaften haben dafür in vielerlei Hinsicht beste Bedingungen und Voraussetzungen. Die Frage auf dieser Grundlage könnte sein, wie sich Wohnungsgenossenschaften auf die Postwachstumsgesellschaft vorbereiten können bzw. welche Vorstellungen / Utopien wir für diese völlig andere Gesellschaftsform entwickeln können. Die Orientierung am Mietspiegel erscheint dafür das denkbar ungeeignetste Argument zu sein.

Die Entwicklung von Gemeinschaften und ihren sozialen Strukturen sind heute meist den ökonomischen Entwicklungen des Marktes untergeordnet („marktkonformen Demokratie“). Denn alles unternehmerische Denken geht im Kern immer von den Bedingungen des Marktes aus. Ein erster Perspektivwechsel könnte darin bestehen die Planungen und Entscheidungen eher von den realen Bedürfnisse der Mitglieder her zu denken. So könnte die Demokratie wieder über den Markt bestimmen und nicht umgekehrt.

Thomas Born und Anna Elisa Heine
Berlin, Lindenhof am 10.03.20020

Bezüge, Quellen und Verweise:

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstums
https://de.wikipedia.org/wiki/Club_of_Rome
https://de.wikipedia.org/wiki/Edward_Bernays
https://bildo.de

alle folgenden Texte finden Sie unter:
https://tho-born.de/323/publikationen.html

Design als Konstruktion von Wirklichkeit
Thomas Born, in: Mythos Eignungsprüfung, S. 30-31, Essen 2003, ISSN 3-89861-152-3

Kommunikationsdesign als Möglichkeit Gesellschaft gestaltender Kompetenz
Thomas Born, in: Design Management – Teil 2: Design Management konkret, S. 98-105, Berlin 2007, ISBN 978-3-9811519-0-9

Die bildformatierte Gesellschaft
Thomas Born, in: Design Management – Teil 3: Einblicke und Ausblicke, S. 124-141, Berlin 2007, ISBN 978-3-9811519-1-6

In jedem Designer steckt ein Schwein
Thomas Born, Stephan Bohle, in: Kreativ-Wirtschaft, Design – Mode – Medien – Games – Kommunikation – Kulturelles Erbe, S. 50-59,Berlin 2011, ISBN 978-3-8305-1915-7

Kleiner Wegweiser durch den Dschungel

„unserer“ Dachverbände

„Nicht in unserem Namen, nicht mit unseren Mieten“ war der Titel eines Offenen Briefes im März 2019. Aber wer ist es, der „in unserem Namen“ gegen Mietendeckel und Enteignung umfangreiche Kampagnen finanziert? Wir haben uns ein wenig umgeschaut und geben einen Überblick über die wichtigsten Dachverbände und ihre Aktionen. (mehr …)

Aktionen und Offene Briefe: „Nicht in unserem Namen“

2018/19 starteten Genossenschaftsvorstände und die Dachverbände eine massive Öffentlichkeitskampagne  gegen Mietendeckel und Enteignungskampagne. Das blieb nicht  unwidersprochen bei den Genossenschaftsmitgliedern. „Keine Lobbyarbeit für Immobilienkonzerne“ – in Aktionen wie der Protestaktion anläßlich des parlamentarischen Abends des BBU am 22. August (Foto) brachten sie ihren Protest auf die Straße. In drei „Offenen Briefen“ erläuterten sie ihre Kritik. Wir dokumentieren sie hier:

März 2019:  Offener Brief „Nicht in unserem Namen“

Juli 2019: Offener Brief zu den aktuellen Kampagnen unserer Dachverbände gegen eine soziale Mietenpolitik in Berlin

Oktober 2019: Genossenschaftsmitglieder für Mietendeckel

Bessere Unterstützung für Genossenschafter*innen mit WB-Schein

Der Senat hat am 10. März auf Vorlage der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, die Verordnung über die Abweichung von den Einkommensgrenzen des § 9 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes erlassen.

Senatorin Lompscher: „Die aktualisierte Verordnung berücksichtigt alle in Berlin bestehenden Wohnungsbauförderungen, insbesondere nunmehr auch die Förderung genossenschaftlichen Wohnens. Das betrifft zum einen Haushalte, die – insbesondere geförderten – Wohnraum einer Genossenschaft in Berlin beziehen möchten und als Voraussetzung dafür Geschäftsanteile dieser Genossenschaften erwerben müssen. Die Höhe der Geschäftsanteile kann je nach Genossenschaft variieren, wobei bei jüngeren Genossenschaften im Regelfall höhere Beträge zu zahlen sind. Zum anderen werden Berliner Genossenschaften aufgerufen, Projekte einzureichen, die insbesondere durch Neubau oder Bestandserweiterung zur Stärkung des Genossenschaftswesens in Berlin beitragen und durch die bereitgestellte Förderung dabei unterstützt werden.“

Voraussetzung im Rahmen der Gewährung der vorgenannten Förderungen ist u.a. bei der Überlassung einer geförderten Wohnung die Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins. Das maßgebliche Einkommen kann dabei nun bezogen auf die unterschiedlichen Förderungsbedingungen bis zu 80 Prozent über der Bundeseinkommensgrenze des § 9 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes liegen.

Im Ergebnis gibt es damit in Berlin weitere einkommensabhängige Möglichkeiten für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheines. Damit wird auch zur sozialen Durchmischung der Wohnquartiere und Stabilisierung der Bewohnerstruktur beigetragen.

Quelle: Senats-Pressemitteilung vom 10.03.2020

Kleiner Wegweiser durch den wp-Auftritt

Tut uns leid, aber hierauf haben nur registrierte Mitglieder der Initiative Zugriff. Wenn Sie bei uns mitarbeiten möchten, senden Sie bitte ein email an info@genossenschafter-innen.de

Über uns: Die Genossenschafter*innen

„Die Genossenschafter*innen“ sind Mitglieder von Berliner Wohnungsgenossenschaften, die sich im Februar 2020 im Widerspruch zu den Kampagnen der Genossenschaftsvorstände gegen den Mietendeckel und das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ zusammengeschlossen haben. Unsere Aktivitäten haben seitdem zwei Schwerpunkte.
♦ Ein genossenschaftsübergreifender Erfahrungsaustausch soll dabei helfen, von guten Beispielen für Mitbestimmung, Solidarität und Selbstverwaltung zu lernen. Wir wollen die Vernetzung untereinander fördern z.B. indem wir Genossenschaftsmitglieder beraten, die aktiv werden wollen und Gleichgesinnte in der Nachbarschaft suchen; indem wir Mitglieder bei Auseinandersetzungen in der eigenen Genossenschaft stärken; indem wir Bewohner*innen, die sich für eine nachhaltige Sanierung und Umgestaltung ihrer Wohnanlagen einsetzen, unterstützen.
♦ Die Initiative versteht sich auch als stadtpolitische Akteurin. Wir wollen die Rolle von Genossenschaften in der Wohnungskrise neu definieren und die genossenschaftlichen Prinzipien in die wohnungspolitische Debatte einbringen. Wir schweigen auch nicht, wenn Vorstände oder Verbände dazu fragwürdige Positionen vertreten. Für uns gehört die Arbeit in Genossenschaften und in wohnungspolitischen Initiativen zusammen. Denn es geht darum, dass möglichst Viele selbstbestimmt wohnen können und das zu Mieten, an denen sich andere nicht bereichern. Wir engagieren uns in mietenpolitischen Bündnissen, um solidarische und selbstverwaltete Wohnformen zu stärken.

Die Internetseite dient dabei als Vernetzungsstruktur und als Plattform für wohnungs-und stadtpolitische Debatten. Die Seite ist „work in progress“: sie versteht sich als wachsendes Medium und ist angewiesen auf Anregungen, Hinweise und Beiträge.

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