Warum wir als Mitglieder der Möckernkiez-Genossenschaft das Volksbegehren zur Vergesellschaftung der großen Wohnungsunternehmen unterstützen

Als Mitglieder der Möckernkiez eG erklären wir unsere Unterstützung für das Volksbegehren zur Vergesellschaftung der großen Wohnungsunternehmen in Berlin. Hier erläutern wir unsere Motive und Ziele. Ausführliche Informationen zum Volksbegehren stehen im Internet unter https://www.dwenteignen.de.

Wir haben uns am Aufbau unserer Genossenschaft beteiligt oder sind zu einem späteren Zeitpunkt Mitglied geworden, weil wir diese Rechtsform als gesellschaftliche Alternative zum privatem Eigentum an Wohnraum verstehen und für uns persönlich langfristige Sicherheit zu leistbaren Mieten erreichen wollen.

Von seiner Entstehungsgeschichte her fühlt sich der Möckernkiez nicht nur den Interessen der Mitglieder verpflichtet, sondern will auch einen Beitrag zur solidarischen, inklusiven und ökologisch nachhaltigen Stadtentwicklung leisten. Deshalb haben wir als erstes größeres Unternehmen der deutschen Wohnungswirtschaft eine Gemeinwohlbilanz erstellt, die extern mit positivem Ergebnis geprüft wurde.

Wir verstehen uns als Teil der „Kreuzberger Mischung“, die mit ihrer Vielfalt an Lebensentwürfen für uns eine besondere Qualität von Urbanität ausmacht. Auch aus diesem Grund wehren wir uns dagegen, dass Finanzinvestor*innen die Stadt aufkaufen und die Bewohner*innen durch Mieterhöhung und Umwandlung in Eigentums­wohnungen vertreiben.

Das Volksbegehren zur Vergesellschaftung der renditeorientierten Unternehmen mit einem Bestand von über 3.000 Wohnungen richtet sich ausdrücklich nicht gegen gemeinwohlorientierte Anbieter von Wohnraum, beispielsweise kommunale Gesellschaften und Genossenschaften. Insgesamt wären rund 240.000 Wohnungen von der Vergesellschaftung betroffen. Ziel des Volksbegehrens ist es, die Spirale ständig steigender Mieten als Folge von spekulativen Aufkäufen zu durchbrechen und langfristige Sicherheit bei leistbaren Mieten zu gewährleisten: Denn Wohnen ist keine Ware, sondern zentraler Teil der sozialen Daseinsvorsorge. Aktuell in der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig ausreichend großer Wohnraum insbesondere für Familien ist.

Der Vorschlag zur Vergesellschaftung beruft sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, wonach der Staat Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel gegen Entschädigung vergesellschaften kann. Ebenso auf das völkerrechtlich festgeschriebene Menschenrecht auf Wohnen („Internationales Abkommen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“) sowie auf Artikel 28 in der Berliner Verfassung („Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum.“).

Die Höhe der Entschädigung muss politisch ausgehandelt werden. Die Initiative hat dazu verschiedene Modelle berechnet. Danach kann die Entschädigung vollständig aus den bisherigen Mieten refinanziert werden, ohne den Landeshaushalt zu belasten (Details im Internet: https://www.dwenteignen.de/was-vergesellschaftung-kostet/).

Angedacht ist, dass die vergesellschafteten Wohnungen einer neu zu schaffenden Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) übergeben werden. Anders als die kommunalen, privatrechtlich organisierten Wohnungsgesellschaften Berlins hätte diese einen öffentlichen Zweck ohne Absicht der Gewinnerzielung zu erfüllen, wie beispielsweise die BVG. Für die AöR müssten aber – nach unserer Ansicht – neue Formen der Mit­bestimmung durch Mieterinnen und zivilgesellschaftliche Organisationen entwickelt werden.

Die Vergesellschaftung wäre ein weiterer Baustein für die Umsetzung einer gemeinwohlorientierten, nachhaltigen Stadtentwicklung in Berlin. Bereits existierende Ansätze dafür sind der Mietendeckel sowie der vom Senat kürzlich gegründete Berliner Bodenfonds, der dem Ankauf von Grundstücken durch die öffentliche Hand dient.

Als Mitglieder der Möckernkiez eG unterstützen wir das Volksbegehren und sammeln ab dem 26.02.2021 Unterschriften in der eigenen Genossenschaft und in der Nachbarschaft.

Berlin, im Februar 2021

Genossenschafter*innen unterstützen das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co Enteignen

Am 26. Februar hat die 2. Phase des Volksbegehrens „DW & Co enteignen“ begonnen. 170.000 Unterschriften müssen bis zum 26. Juni gesammelt werden, damit es erfolgreich ist und alle Berliner*innen darüber abstimmen können. DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN unterstützen diese Vergesellschaftstungsinitiative. Auch aus einzelnen Genossenschaften kommt Unterstützung. Wir dokumentieren die Erklärungen im Wortlaut.

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Nachhaltig wirtschaften – aber wie?

Es geht nicht nur – aber auch um Wohnen: In einer mehrteiligen Artikelserie in der Berliner Umweltzeitung Rabe Ralf beschreibt die Journalistin und Genossenschaftsexpertin Elisabeth Voß die Baustellen einer solidarischen Wirtschaftsweise. Hier die Folgen:

Teil 1: Vorschlag zum Gelingen – mit Donut-Ökonomie und demokratischer Umsetzung

Über das Wirtschaften zwischen sozialen Mindeststandards und planetaren Grenzen, und über ein Nachhaltigkeitsverständnis, das der Wirtschaft keine eigenen Rechte einräumt, sondern sie in den Dienst sozialer, ökologischer und demokratischer Ziele stellt.

Weiter zum Rabe Ralf Februar/März 2020

Teil 2: Weniger Globalisierung und Wachstum durch Corona – eine Chance zum Umsteuern?

Über Wachstumsrücknahme angesichts Corona und die Notwendigkeit eines öffentlichen, demokratisch gesteuerten Wirtschaftssektors für ein gutes Leben für Alle überall.

Weiter zum Rabe Ralf April/Mai 2020

Teil 3: Trotz allem nicht aufgeben – Wirtschaftsdemokratie!

Über Corona-Rettungsschirme für Konzerne und Kohleverlängerungsgesetz, obwohl an Luftverschmutzung und Klimakatastrophe viel mehr Menschen sterben als an Corona. Über eine Agrarindustrie, die Hunger und Pandemien verursacht, und warum jetzt eine Demokratisierung der Wirtschaft nötig ist.

Weiter zum Rabe Ralf August/September 2020

Teil 4: Auch in Berlin: Profitable Raubzüge und hoffnungsvolle Alternativen

Über Menschen, die nicht geschützt werden, über die Zerstörung selbstorganisierter Freiräume und warum Social Business nur Symptome lindert aber keine Ursachen beseitigt. Dafür sind selbstverwaltete, genossenschaftliche Ökonomien nötig und Alltagskämpfe, wie die „Shut down Mietenwahnsinn“-Demo im Juni 2020, an der auch die Genossenschafter*innen teilnahmen.

Weiter zum Rabe Ralf Dezember 2020/Januar 2021

„Nur noch dreist!“

Zu den Vorgängen rund um die 1892 eG haben uns viele Briefe und Diskussionsbeiträgen erreicht, in denen das Agieren von 1892 und anderer Genossenschaften kritisiert wird. Einige Zuschriften verweisen darauf, dass die Probleme tiefer liegen: Gesetze und Satzungen, die die Mitglieder entmündigen und intransparente Vorstandsentscheidungen ermöglichen. Immer wieder war auch die Geheimniskrämerei über die Vorstandsgehälter ein Thema.

Ein Genosse schickte uns die Kopie eines Briefes mit kritischen Fragen an das Berliner Genossenschaftsforum. Auszüge:
Weswegen solidarisieren sich Wohnungsgenossenschaften mit der Immobilienwirtschaft im Verband BBU und handeln damit gegen die Interessen ihrer Mitglieder*innen?
Warum bekommen die Vorstände für ihre Arbeit hohe Vergütungen und die Mitbestimmungsorgane sollen ehrenamtlich von Mitglieder:innen organisiert werden?
Weshalb werden Vorstände nicht paritätisch besetzt und immer noch überwiegend von Männern dominiert?
 Kurzum: Wieso ist wo Genossenschaft drauf steht schon lange keine Genossenschaftsidee mehr drin? Es würde mich sehr freuen, wenn der Fragenkatalog innerhalb Ihrer Mitgliederschaft zahlreiche Diskussionen auslöst und längst überfällige notwendige Reformen im Genossenschaftsgesetz zur Folge hat.“

Ein anderer Genossenschaftler regt an, auch für andere Genossenschaften eine solche Bilanzanalyse vorzunehmen bzw. Genossenschaftsmitglieder bei deren Erstellung zu unterstützen: „Ich verfolge die Debatte um den Mietendeckel und sehe immer wieder, dass die Genossenschaften als ‚Totschlagargument‘ herangezogen werden. Da könnten solche Berechnungen sehr hilfreich sein.“

Auch außerhalb der Genossenschaften stieß das Vorgehen von 1892 auf Unverständnis. Bizim Kiez etwa schreibt auf seiner facebook-Seite:  „Dass große alte Genossenschaften gegen den Mietendeckel vorgehen, ist ohnehin schon ein Affront. Dass sich jetzt eine Genossenschaft trotz Millionenüberschüssen und Rücklagen auch noch als Härtefall vom Mietendeckel befreien lassen will, ist allerdings einfach nur noch dreist.“ Kommentar einer Leserin auf den bizim-Kiez- Eintrag: „ich kann mich ja auch mal so härtefalltechnisch von meiner miete befreien lassen. ick gloob`s hackt ey…!“

Auch auf der Facebook-Seite von DW Enteignen wurde der Fall diskutiert. Einige Kommentare: „Naiverweise sollte man meinen, Genossenschaften hätten ein Minimum an wohnungspolitischem Gewissen. Aber nein!“„Wohnungsbaugenossenschaften sollten für ihre Genossinnen und Genossen da sein und sich nicht vor den Karren der Profittreiberei spannen lassen.“

1892: Härtefallantrag trotz Millionenüberschüssen

Das Geschäftsgebaren der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG,  über das wir mehrfach berichtet haben, gerät zunehmend in die Kritik:  Medienberichten zufolge hat die Genossenschaft für mehrere tausend Wohnungen einen Antrag auf Anwendung der Härtefallregelung nach dem Mietendeckelgesetz gestellt. Damit will die Genossenschaft trotz der Millionen auf dem Konto erreichen, dass der Mietendeckel für 1892 nicht gilt. Die Vorgänge rund um 1892 haben in den Tagen rund um den Jahreswechsel für Empörung innerhalb und außerhalb der Genossenschaft geführt. „Einfach nur noch dreist! “ schreibt Bizim Kiez. Und Grünen-Mietenexpertin Katrin Schmidberger kündigt im ND an, dass die Koalition „der Sache noch einmal auf den Grund gehen“ wird.

Alles zum Fall 1892:
Die Bilanzanalyse: Schränkt der Mietendeckel die Handlungsfähigkeit von 1892 ein?
Der Pressebericht:Härtefall trotz Millionenüberschüssen“
Das Echo: „Nur noch dreist!“

Berichte aus den Berliner Wohnungsgenossenschaften

Nachgeprüft: Schränkt der Mietendeckel wirklich die Handlungsfähigkeit von 1892 ein?

Wenn es gegen den Mietendeckel geht, ist die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG immer vornweg und malt gegenüber Öffentlichkeit und eigenen Bewohner*innen das Gespenst der finanziellen Handlungsunfähigkeit an die Wand. Ein Blick in die Bilanzen zeigt ein anderes Bild - 1892 hortet seit Jahren Millionen, die sie nicht ausgibt.
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Genossenschaft statt Immobilienspekulation: Die "Lause" sucht Genoss*innen

Die 150 Bewohner*innen und Nutzer*innen der vom Verkauf bedrohten Wohn- und Gewerbehöfe in der Lausitzer Str. 10 uns 11 wollen die Häuser kaufen und in eine Genossenschaft einbringen. Aber noch ist der Kaufpreis nicht vollständig finanziert. Die “Lause” sucht dringend Menschen, die als investierende Genoss*innen Anteile erwerben.
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Am 25./26. September: Alternativer Genossenschaftstag

Pressemitteilung, 4.9.2020

Demokratie in Genossenschaften und die Rolle der Genossenschaften für eine soziale Wohnungspolitik sind Schwerpunktthemen des „Alternativen Genossenschaftstags“ am 25. und 26. September. Bei der Auftaktveranstaltung am 25.9. diskutieren Bea Fünfrocken (Xenion), Werner Landwehr (DIESE eG) und der Stadtforscher Andrej Holm über „Die Rolle der Wohnungsgenossenschaften auf dem Weg zu einer sozialen Wohnungspolitik“. In Workshops am
26.9. werden Themen wie die Überwindung undemokratischer Strukturen in Wohnungsgenossenschaften oder die Zusammenarbeit zwischen Mieter*innenbewegung und Genossenschaften behandelt. Ziel des Alternativen Genossenschaftstages ist es, die Werte der ursprünglichen Genossenschaftsbewegung – Selbstverwaltung und Solidarität – wieder zur Richtschnur der Wohnungsgenossenschaften zu machen und stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

Veranstaltet wird der Alternative Genossenschaftstag von der Initiative DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN. Die Gruppe gründete sich im Jahr 2019 aus Protest gegen die Politik der Genossenschaftsvorstände und der Dachverbände wie dem BBU, die mit viel Geld und fragwürdigen Argumentationen versuchten, den Mietendeckel zu verhindern. In „Offenen Briefen“ machten Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften deutlich, dass sie den Mietendeckel unterstützen und darum die Vorstände „Nicht in unserem Namen“ (so der Titel eines Offenen Briefes) reden. „Wir fordern die genossenschaftlichen Dachverbände auf: Hört endlich auf, Euch zum Sprachrohr der „Deutsche Wohnen AG“ zu machen. Wir wünschen uns Genossenschaften und Dachverbände, die die Selbsthilfe und die Interessen der Mitglieder in den Mittelpunkt stellen und gemeinwohlorientierte Reformen nicht behindern“ heißt es dort. Aus diesen Aktionen entstand die Initiative, die sich neben wohnungspolitischen Zielen auch vorgenommen hat, die innergenossenschaftliche Demokratie zu stärken, die durch eine restriktive Gesetzgebung und autokratische Vorstände vielerorts arg gelitten hat.

Die Auftaktveranstaltung am 25. September wird als Online-Veranstaltung stattfinden, die Workshops sind als Präsenzveranstaltungen mit begrenzter Teilnehmer*innenzahl geplant (Anmeldung erforderlich). Weitere Informationen sowie Anmeldemöglichkeiten sind ab sofort auf der Webseitewww.genossenschafter-innen.de zu finden.

Bilanz des Alternativen Genossenschaftstages

Pressemitteilung 27.09.2020

Mit dem Alternativen Genossenschaftstag am 25./26. September 2020 ist die Vernetzung von Mitgliedern aus Berliner Wohnungsgenossenschaften einen großen Schritt weitergekommen. Sie wollen, dass ihre Genossenschaften in diesen Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes einen größeren Beitrag zur Wohnraumversorgung leisten.

Auf der Podiumsdiskussion am Freitagabend, die als Livestream aus dem Aquarium, einem beliebten Kreuzberger Veranstaltungsort am Kottbusser Tor übertragen wurde, berichtete Werner Landwehr, Vorstand der Genossenschaft DIESE eG, die mehrere Häuser im Rahmen bezirklich ausgeübter Vorkaufsrechte erworben hat, dass viele junge Genossenschaften gerne neu bauen würden, aber keine geeigneten Grundstücke bekommen. Auch eine Genossenschaftsförderung gäbe es praktisch nicht. Der Stadtforscher Andrej Holm stimmte zu und kritisierte, dass die Förderung vom Senat ohne Rücksprache mit den Genossenschaften konzipiert wurde. Er stellte aber auch klar, dass Genossenschaften, wenn sie staatliche Förderung erhalten wollen, Verpflichtungen – zum Beispiel zur Wohnungsvergabe an Menschen mit niedrigen Einkommen – eingehen müßten.

Genossenschaften brauchen mehr Demokratie

Die veranstaltende Initiative DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN gründete sich 2019 aus Protest gegen die Politik der Genossenschaftsvorstände und der Dachverbände wie dem BBU, die versuchten, den Mietendeckel zu verhindern – gegen die Interessen vieler Genossenschaftsmitglieder. Die Forderung nach einer Demokratisierung von Genossenschaften zog sich wie ein roter Faden durch die vier Workshops am Samstag. Mitglieder aus vielen Berliner Wohnungsgenossenschaften trugen Ideen und Vorschläge zusammen.

Damit sich Genossenschaften von profitorientierten Immobilienunternehmen unterscheiden, müssen sich die Mitglieder stärker beteiligen können. Vorstände, Aufsichtsräte und Mitarbeiter*innen brauchen eine Ausbildung im Sinne des Genossenschaftsgedankens der wirtschaftlichen Selbsthilfe. Heiner Koch (Wohnungsgenossenschaft Treptower Park) schlägt vor, einen Leitfaden zu erstellen, wie Mitglieder sich organisieren und sich besser für ihre Rechte einsetzen können. Für Thomas Schmidt (Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892) reicht das nicht aus: „Das Genossenschaftsgesetz muss geändert werden, damit die Mitglieder mehr Rechte haben“.

Je 80 Wohnungen für Geflüchtete und für soziale Träger bis Ende 2021

Genossenschaften sollen verstärkt Wohnraum anbieten für diejenigen, die kaum Chancen am Wohnungsmarkt haben, beispielsweise Obdachlose oder Geflüchtete. Bea Fünfrocken (XENION und Wohnungsbaugenossenschaft Am Ostseeplatz) schlägt vor, einen revolvierenden Fonds zu gründen, in den jede Genossenschaft zum Beispiel 3 Prozent ihres Bilanzgewinns einzahlt und aus dem die Einlagen für mittellose Mitglieder finanziert werden können. Als ersten Schritt solle „jede der ca. 80 Berliner Wohnungsgenossenschaften bis Ende 2021 mindestens eine Wohnung für Geflüchtete und eine Wohnung für soziale Träger zur Verfügung stellen“. Wichtig sei, ein solidarisches Leitbild für Genossenschaften zu entwerfen, in dem eine soziale Wohnungspolitik verpflichtend festgeschrieben wird.

Die Initiative DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN wird sich stärker mit der Mieter*innenbewegung vernetzen und gemeinsam zu einer Schnittstelle zur Politik werden. Günter Piening (Genossenschaft Möckernkiez): „Zur Abgeordnetenhauswahl 2021 werden wir Wahlprüfsteine aufstellen, um die Genossenschaftspolitik der Parteien zu erfragen“. Es muss sich einiges verändern in den Genossenschaften, aber auch Politik und Verwaltung sind gefragt, Genossenschaften wirklich bei der Umsetzung ihres Versorgungsauftrags zu unterstützen.

Der Alternative Genossenschaftstag ist zuende, der Vernetzungsprozess der Mitglieder geht weiter.

Rückfragen bitte an info@genossenschafter-innen.de. Wir melden uns zeitnah zurück.

So lief die Online-Mitgliederversammlung der DIESE eG

Eine der wenigen Berliner Wohnungsgenossenschaften, die eine digitale Mitgliederversammlung mit Vorstandsentlastung, Neuwahl von zwei Aufsichtsräten sowie einer Satzungsänderung durchgeführt hat, ist die DIESE eG. Aufsichtsrat und Vorstand hatten sich für die Abstimmungssoftware der Fa. VOXR (https://voxr.org/de/) entschieden. Mit diesem Verfahren wird für jede*n registrierten Teilnehmer*in ein Zufallscode generiert und dadurch sichergestellt, dass Abstimmungen wirklich anonym stattfinden.

Damit sich die Kosten in Grenzen hielten, kaufte man nur die Softwarelizenz und organisierte die Administration der Abstimmung selbst. Dafür gründete sich eine kleine Projektgruppe mit technikaffinen Mitgliedern, die sich an zwei Wochenenden soweit einarbeiteten, dass sie das Abstimmungsverfahren sicher beherrschten.

65 der 300 Mitglieder hatten sich schließlich für die Mitgliederversammlung am 3. September angemeldet. Die Vorstellung und Diskussion der Tagesordnungspunkte fand als ZOOM-Konferenz statt. VOXR lief parallel und wurde nur für die Abstimmungen genutzt. Gab der Administrator eine Abstimmung frei, öffnete sich auf dem Handy der Mitglieder ein „Abstimmungszettel.“ Das Endergebnis wurde in Echtzeit in ZOOM visualisiert.

Vorstandsmitglied Werner Landwehr zieht eine positive Bilanz: „Es ist nicht absehbar, wann Mitgliederversammlungen wieder als Präsenzveranstaltungen stattfinden können, und selbst wenn: Nach der Pandemie wird mehr online gemacht werden. Deswegen ist es für Genossenschaften wichtig, sich das Know-how anzueignen. Mitglieder, die nicht so viel Erfahrung mit der Technik haben, wurden schon vor der MV unterstützt, sodass sie teilnehmen konnten.“

Begeistert ist Landwehr von der Schnelligkeit: „Kein langwieriges Auszählen mehr, das Resultat ist sofort da.“ Er kann sich darum vorstellen, auch bei Präsenzveranstaltungen die Abstimmungen über VOXR zu organisieren.

Die DIESE eG hat auf jeden Fall Nägel mit Köpfen gemacht und die Satzung dahingehend geändert, dass MVs auch dann noch digital stattfinden können, wenn die Pandemie-Ausnahmeregeln nicht mehr gelten.

Zuschriften an Die Genossenschafter*innen

In dieser Rubrik veröffentlichen wir Briefe und Emails an DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN. Diese Zuschriften werden grundsätzlich ohne Namensnennung eingestellt (Name i.d.R. der Redaktion bekannt).

Für Zuschriften zu einzelnen Beiträgen empfehlen wir, die jeweiligen  Kommentarbereiche zu nutzen.


Betr.: Wie weiter nach dem Alternativen Genossenschaftstag

Austausch ist interessant! Noch interessanter ist es, Änderungen zu
bewirken. Dies ist schon auf der unteren Ebene schwierig. Oft bedarf es
juristischer Maßnahmen, um berechtigte Anliegen zu realisieren. Nicht
anders, als bei gewerbl. Vermietern. Wenn man Glück hat, ist dieser viel
besser als eine Genossenschaft! Die Geschäftsberichte sehe ich genau
durch, da gibt es Auffälligkeiten, denen ich sofort einen Riegel
vorschieben würde, da Ausgaben, die nicht den Mitgliedern zugute kommen.
Satzungsverstöße der Verwaltung bleiben ohne Folgen. Was sollen Gruppen
bewirken, die sich über solche und andere Themen unterhalten? Wie soll
das den Vermieter beeindrucken?
C. (11.11.2020)


Betrifft: Satzung und Ausschluss eines Mitgliedes

Genossenschafter*innen, seid achtsam, wenn Ihr Euch öffentlich – namentlich – engagiert! Informiert Euch über die Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft in Eurer Genossenschaft. Allgemeine Informationen finden sich hier: -Wohnungswirtschaft online, 28. Oktober 2017 Stefan Pfeiffer Genossenschaften
-Sigurd Schulze: Wer schädigt das Ansehen der Wohnungsgenossenschaften? Kritiker/innen drohen strenge Strafen (Mieterecho Mai 2020: )

R. (29.10.2020)


Betrifft: Geschlechtergerechtigkeit in Genossenschaften

Zur Nachricht über die Wohnungsbaugenossenschaft 1892 eG möchte ich noch einen Aspekt anmerken, der leider in vielen Genossenschaftsinitiativen nicht für so wichtig erachtet wurde, auch nicht in der Genossenschaft von Unten, die immer Anderes zu tun gedachte, als sich auch in Wohnungsgenossenschaften für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen.
In der 1892 eG gibt es mittlerweile den dritten männlichen Vorstand. Auch der Aufsichtsratsvorsitzende ist männlich und die einzige Frau, die zur Wahl stand für einen Vorstandsposten, hatte in diesen verkrusteten Strukturen keine Chance. Ich hoffe, bei Genossenschafter*innen ist diese Thematik nicht nur Nebensache, sondern ein Grund, sich auch an den Aktionstagen im September 2020 für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. Gerade in Wohnungsgenossenschaften böten sich so viele Möglichkeiten, neue humanere Modelle der Vereinbarkeit von Familie und Arbeit zu erproben, was in skandinavischen Ländern schon getan wird.
Es ist doch keine Kleinigkeit, wenn die Hälfte der Menschheit aus Führungsfunktionen regelmäßig ausgegrenzt wird, und dies geschieht nicht nur bei DAX-Konzernen, sondern gerade auch bei Wohnungsgenossenschaften. Dennoch, falls dieser Einwand kommen sollte: Es reicht nicht aus, nur Frau zu sein, es muss auch ein Bewusstsein für die großartige Idee von Genossenschaft vorhanden sein. Leider reproduzieren auch viele Frauen, wenn sie denn Führungspositionen erreichen, wieder alt hergebrachte Muster.
Ich hoffe, es ist auch eine Nachricht wert, dass Genossenschaften meiner Meinung nach auch in ihren Satzungen eine Frauenquote brauchen, da die Herren nicht bereit sind, freiwillig zu gehen.
W. (15.10.2029)