Hearing Iniforum: Änderung der Genossenschaftsförderung überfällig

 

Vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 erstellten 27 stadt- und mietenpolitische Initiativen ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept mit Lösungsvorschlägen für die drängendsten Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt – das Mietenpolitische Dossier. Die GENOSSENSCHAFTER*INNEN erarbeiteten damals in der AG Gemeinwohl gemeinsam mit dem NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e. V. und dem Netzwerk Berliner Mietshäusersyndikats-Initiativen Forderungen für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik.
Zwei Jahre später ist das Mietenpolitische Dossier 2021 weiterhin aktuell. Bei einem Hearing am 28. April 2023, dem ersten Tag der schwarz-roten Koalition, wurden die Forderungen und Lösungsvorschläge der Initiativen erneut vorgestellt und mit Vertreter*innen aus dem Abgeordnetenhaus und dem Senat diskutiert. Elisabeth Voß vom NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e. V. erneuerte die Forderung nach einer Änderung der Genossenschaftsförderung . Das Hearing ist auf youtube veröffentlicht, etwa ab Minute 26 läuft die Passage im Vortrag von Elisabeth Voß, in der es um das Thema Genossenschaften geht.

Werkswohnungen verkleidet als Genossenschaft ?
Das Kapital kapert die Idee solidarischen Wohnens

Die Havelschanze ist ein attraktives Wohngebiet am Spandauer Nordhafen. Hier entsteht auf einer Brache eine schicke Wohnanlage mit 110 Wohnungen. Die Anlage ist ein Projekt der „Ersten Mitarbeiterwohnungsbaugenossenschaft Job & Wohnen Berlin eG“.  „Job & Wohnen“ rühmt sich, Facharbeitermangel und Wohnungsnot gleichermaßen zu bekämpfen. Aber ist das Unternehmen wirklich eine Wohnungsgenossenschaft? Daran hat selbst der Wohnungsverband GdW Zweifel.

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Gemeinwohlorientierte Bodenspekulation

Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass gemeinwohlorientiertes Verhalten staatlich gefördert werden soll. Aber wo fängt das „Gemeinwohl“ an, wo hört es auf? Das ist eine umkämpfte Grauzone, denn alle möchten ein Stück vom Förder-Kuchen. Vor allem, wenn das begehrte Spekulationsgut Boden wieder zum Verkauf steht – an Genossenschaften, da diese  gemeinwohlorientiert seien. So steht es im Koalitionsvertrag. (mehr …)

Echo auf BBU-Dossier: „Verdienstvolle Analyse“

Unser Dossier über den BBU hat ein (für unsere Verhältnisse) vergleichsweise großes Echo hervorgerufen. Vor allem das weit verzweigte BBU-Netzwerk aus Lobby, Prüfverband und Wirtschaftsunternehmen war wohl bisher so noch nicht bekannt. „Jetzt verstehe ich, warum man gegen den BBU ist“ heißt es in einer email und bei Twitter: „Wie tickt die Immobilienlobby, Beispiel Berlin-Brandenburg. Verdienstvolle Analyse der @Genoss_innen“. In der taz titelte Uwe Rada: „Genossenschaften sollen austreten – In einem Dossier wird der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU ins Visier genommen. Er sei ein Sprachrohr der Immobilienlobby.“
Auch in Parteizusammenhängen wurde der Text verbreitet. „Wir werden uns mit dem BBU weiterhin beschäftigen müssen, weil er sich bekanntlich jeder innovativen gemeinwirtschaftlichen Tendenz in der Wohnungswirtschaft entgegenstemmt,“ schreibt die LINKE in ihrem wohnungspolitischen Rundbrief, denn „zweifellos werden wir den BBU bei Diskussionen um eine “Neue gemeinnützige Wohnungswirtschaft” (NGW) oder einer Neugestaltung Sozialer Wohnungsbauförderung (SWB) auf der Kontra-Seite erleben.“

Der BBU ist in den letzten Jahren ein wenig aus dem Fokus der kritischen stadt- und wohnungspolitischen Bewegung geraten, doch hinter den Kulissen war er weiter aktiv. Vielleicht liefert unser Dossier einige Argumente, warum die Auseinandersetzung mit dem BBU weiterhin nötig ist. Denn ob mit aggressiven Kampagnen oder mit klandestiner Lobbyarbeit: Der BBU ist in Berlin der einflussreiche Player, an dem keine wohnungspolitische Veränderung vorbeikommt.

Unter der Lupe: Der BBU und sein Unternehmensnetzwerk

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) ist der einflussreiche Verband der Wohnungswirtschaft, an dem in Berlin keine Politik vorbeikommt. Mit seinen Kampagnen gegen Mietendeckel, Vergesellschaftung und – aktuell – gegen Überlegungen zur „Neuen Wohngemeinnützigkeit“ versucht er, die öffentlichen Debatten um eine gemeinwohlorientierte Transformation des Wohnungsmarktes zu bestimmen. Aber der BBU ist mehr als Maren Kern, die als Vorstandsvorsitzende im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht. Unter dem Dach des Vereins BBU arbeitet ein verschachteltes Konglomerat von Unternehmen, das mit einem Rundumsorglospaket die Wohnungsunternehmen an sich bindet. Wir haben es uns ein wenig näher angeschaut. (mehr …)

Genossenschaftsidee und Genossenschaftspraxis

Mit dem „cooperativ Werkraum“ in der Schöneberger Lindenhofsiedlung hat das Genossenschaftsforum  seit einiger Zeit einen Raum, in dem die Genossenschaftsidee der Öffentlichkeit näher gebracht werden soll.  Im November besuchte eine Gruppe der GENOSSENSCHAFTER*INNEN den Werkraum und diskutierte aktuelle Fragen der Genossenschaftspolitik mit Vertreterinnen des Genossenschaftsforums.

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Buffets statt Mitbestimmung. Die Berliner Genossenschaften sollen größeren Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung leisten

Von Yannic Walther, nd

Es gibt nicht die einen Genossenschaften. Unter dieser Rechtsform versammelt sich eine Bandbreite an kleinen, großen, jungen und alten, mehr oder weniger gemeinwohlorientierten Beispielen. Dennoch: Der soziale Beitrag, den Genossenschaften gegenwärtig zur sozialen Wohnraumversorgung leisten, könnte deutlich größer sein, ist man sich beim alternativen Genossenschaftstag einig. »Viele Genossenschaften sind Kinder der Not, heute sind sie saturiert und lassen die Not ein bisschen an sich vorbeiziehen«, erklärt Jan Kuhnert, Vorstandsvorsitzender des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens, am Freitag bei einer Podiumsdiskussion im Gebäude der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Ostbahnhof.

Das Problem liegt dabei nicht im Bestand.

Circa 190 000 Genossenschaftswohnungen gibt es derzeit in Berlin, damit stellen sie über elf Prozent des Wohnungsbestandes in der Hauptstadt. In ihren Beständen liegen die Mieten im Schnitt sowohl unter denen privatwirtschaftlicher als auch landeseigener Wohnungsunternehmen. Dadurch, dass sie größtenteils auf Mieterhöhungen verzichten, sorgen sie für Stabilität auf dem Berliner Wohnungsmarkt und dämpfen den Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Doch beim Neubau bezahlbarer Wohnungen könnten Genossenschaften einen größeren Beitrag leisten, meint der Stadtsoziologe Andrej Holm. Die Neubaumieten liegen auch bei Genossenschaften in der Regel über zehn Euro je Quadratmeter. Diese werden projektbezogen kalkuliert. Dabei könnten die Überschüsse, die sich vor allem in den altgedienten Genossenschaften über viele Jahre angehäuft haben, genutzt werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, findet Holm.

Dem entgegen stehen die auch am Freitag viel besprochenen »Spardoseneffekte«: Man kümmert sich vor allem um die Interessen der bestehenden Genossenschaftsmitglieder. Das gilt für den zögerlichen Neubau, von denen die Mitglieder im Bestand erst einmal wenig haben. Ebenso gilt es für die Vergabe frei werdender Wohnungen vor allem an Verwandte und nach dem Kriterium, wer am längsten auf der Warteliste steht. Alternativ denkbar wäre hier eine Sozialquote für jene Haushalte, die sich am privaten Markt nicht mit angemessenem Wohnraum versorgen können, hieß es am Freitag.

Das Problem sei aber auch, dass die Vorstände von Genossenschaften, die teils aus der privaten Wohnungswirtschaft kommen, diese mitunter als normale Wohnungsunternehmen am Markt verstehen. Zwar könne man die Vorstände nicht ganz aus ihrer verantwortlichen Rolle entlassen, wenn am Ende die Zahlen stimmen müssen, meint Jan Kuhnert. Doch unter anderem bei der Frage, nach welchen Regeln wer eine Genossenschaftswohnung bekommt, sollten die Genossenschaftsmitglieder basisdemokratischer entscheiden können, so Kuhnert. Bisher ist die demokratische Realität oft vom Abnicken auf der jährlichen Versammlung geprägt. »Buffets ersetzen die Mitbestimmung«, beschreibt es Ralf Hoffrogge von der Initiative Genossenschafter*innen.

Ein Gründungsimpuls der Initiative, die sich vorgenommen hat, Genossenschaften untereinander und diese mit den stadtpolitischen Bewegungen zu vernetzen, war auch die ablehnende Haltung, die einige Genossenschaften gegenüber dem Berliner Mietendeckel einnahmen. Vier klagten sogar dagegen. Ebenso beteiligten sich Genossenschaften an einer Kampagne gegen das Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co enteignen und warben bei ihren Mitgliedern für ein Nein zum Volksentscheid. Auch in der Debatte um die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit nehmen Genossenschaften bisher eine kritische Haltung ein.

»Was stadtpolitisch diskutiert wird, kommt in den alten Strukturen nicht an«, sagte Juliane Lang, Aufsichtsrätin bei der Treptower Park eG sowie der Eine für Alle eG, die als junge Dachgenossenschaft bezahlbare Gewerberäume sichern will. Dennoch ändere sich gerade vor allem bei der Zusammensetzung der Mitglieder etwas, während die Strukturen noch sehr starr bleiben würden, erzählt sie.

»Eine Strukturveränderung von innen reicht nicht aus, es müssen sich auch die wohnungspolitischen Rahmenbedingungen verändern«, meint Andrej Holm. Er hofft darauf, dass sich Genossenschaften wieder stärker als politische Akteure verstehen und selbst formulieren, wie beispielsweise Förderprogramme aussehen müssten, die von ihnen auch in Anspruch genommen werden.

Link zum Text

Alternativer Genossenschaftstag: Zwei Tage Diskussion über die Zukunft der Wohnungsgenossenschaften

 

Mit einer Podiumsveranstaltung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung startete am Freitag, 2.9., der Alternative Genossenschaftstag 2022 (Programm hier). Es diskutierten, moderiert von Ralf Hoffrogge von den GENOSSENSCHAFTER*INNEN, Juliane Lang, Aufsichtsrätin in einer traditionellen und einer neuen Genossenschaft,  Jan Kuhnert, Vorstandsvorsitzender des Bundesvereins zur Förderung des Genossenschaftsgedankens  und der Stadtsoziologe Andrej Holm. Der folgende Bericht „Buffets statt Mitbestimmung“ ist dem nd vom 5.9. entnommen. (Danke für die Abdruckgenehmigung): HIER.

Am Samstag diskutierten wir in Workshops die aktuelle wohnungspolitische Situation und wie Genossenschafter:innen darauf reagieren können.

 

Ein Grund zum Feiern. Und zum Ärmelaufkrempeln!

Erklärung der Genossenschafter*innen zum Internationalen Genossenschaftstag

Am 2. Juli findet der „Internationale Genossenschaftstag“ statt, der 1923 durch die International Cooperative Alliance ins Leben gerufen wurde und seit 1992 mit der Resolution 47/90 auch offizieller UN-Feiertag ist. Der Tag soll das Bewusstsein für Genossenschaften und deren Ideale einer solidarischen Ökonomie feiern und fördern.

Genossenschaften waren auch in Deutschland ein wichtiger Impulsgeber für eine soziale, demokratisch organisierte Wirtschaft. Gerade die Wohnungsgenossenschaften haben in diesen 100 Jahren häufig bewiesen, dass sie in der Lage sind, auf schwierige, veränderte Rahmenbedingungen mit neuen Ideen zu antworten. Einige der schönsten Wohnanlagen der 1920er Jahre wären ohne die Genossenschaftsbewegung nicht denkbar. Angesichts der aktuellen Krisen ist von dieser Kreativität aber wenig zu spüren. (mehr …)

Raus aus dem BBU – aber wohin?

Der BBU sieht sich nicht als sozialer, gemeinwirtschaftlich orientierter Akteur, sondern als ein Verband, der die Renditeoptimierung seiner Mitglieder an die erste Stelle stellt: „Der BBU sichert als Interessenverband die Rahmenbedingungen für die nachhaltige Ertragskraft seiner Mitgliedsunternehmen.“ – so heißt es gleich zu Anfang auf der Homepage. Entsprechend massiv hat er in den letzten Jahren jede politische Initiative attackiert, die eine Beschränkung von Mietpreissteigerungen vorsah. Das passt zwar zur Politik des BBU-Mitglieds Vonovia, aber kaum zu den Vorstellungen von solidarischem Wohnen, dem sich die Genossenschaftsbewegung verpflichtet fühlen sollte. Kein Wunder, dass der Austritt aus dem BBU bei vielen Genossenschaftsmitgliedern ein Thema ist. Aber was ist die Alternative? (mehr …)