Eckpunkte, die den Namen nicht verdienen

Am 14. Juni 2023 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen nun nach mehreren Anläufen Eckpunkte für eine neue Wohngemeinnützigkeit vorgelegt (hier). Wie viele andere Verbände und Initiativen haben auch die Genossenschafter*innen in einer Pressemitteilung die Eckpunkte als vollkommen unzureichend kritisiert. Die Stellungnahme im Wortlaut:

“Diese dürftigen Eckpunkte zeigen die Uneinigkeit in der Bundesregierung in der Wohnungspolitik – dauerhaft bezahlbares Wohnen hat leider keine Priorität. Statt einen Rahmen für einen Gesetzentwurf zu liefern, wie gemeinnütziges Wohnen gefördert werden soll, werden Eckpünktchen vorgestellt, die dann auch noch unter Finanzierungvorbehalt gestellt werden.

Zu begrüßen ist, dass die Bundesregierung mit dem Papier offiziell anerkennt, dass ein gemeinnütziger Sektor geschaffen werden muss, in dem die Rendite nicht die allein bestimmende Kraft ist. Mietpreissteigerungen und Verdrängung zerstören Existenzen und gefährden den sozialen Zusammenhalt. Wirtschaftliche Profite und Immobilienspekulation schaden allen. Dem Markt einen Teil des Wohnens durch ein Wohngemeinnützigkeitsgesetz zu entziehen, ist notwendig, um dauerhaft bezahlbare Mieten und ein selbstbestimmtes Wohnen zu gewährleisten.

Für Genossenschaften ist die Neue Wohngemeinnützigkeit die Wiederbelebung einer bewährten Idee. Die Grundsätze der Genossenschaftsbewegung – Selbstverwaltung, demokratische Mitbestimmung, bezahlbarer Wohnraum – entsprechen den alten Prinzipien der Wohngemeinnützigkeit. Sie müssen auch Teil einer Neuen Gemeinnützigkeit sein.

Die GENOSSENSCHAFTER*INNEN werden sich darum gemeinsam mit der Mieter*innenbewegung, den Gewerkschaften und den sozialen Verbänden dafür einsetzen, dass nach Vorlage der Eckpunkte schnell ein Gesetzentwurf entsteht, der den Namen “Neue Wohngemeinnützigkeit” wirklich verdient, und dass dieses Vorhaben auch mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet wird.

Genossenschaften stehen für eine Wohnungspolitik für die Menschen, die bezahlbaren Wohnraum brauchen; für Selbstbestimmung und Mitwirkung bei wirtschaftlichen Entscheidungen; für einen Wohnungsmarkt, der sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und nicht den Regeln der Profitmaximierung folgt. Die Neue Wohngemeinnützigkeit ist dafür ein entscheidender Schlüssel.” 

Wohngemeinnützigkeit: Eckpünktchen statt Rahmenkonzept

Die Mietentwicklung gerade in den Ballungsgebieten ist dramatisch, das im Koalitionsvertrag angekündigte Wohngemeinnützigkeitsgesetz darum überfällig. Für Genossenschaften ist die Neue Wohngemeinnützigkeit die Wiederbelebung einer bewährten Idee. Die Grundsätze der Genossenschaftsbewegung – Selbstverwaltung, demokratische Mitbestimmung, bezahlbarer Wohnraum – entsprechen den alten Prinzipien der Wohngemeinnützigkeit. Darum unterstützen die Genossenschafter*innen aktiv die Bewegung für eine neue Wohngemeinnützigkeit. (Foto: R. Anasch/unsplash)

Unsere Stellungnahme zu den Eckpunkten vom 14. Juni: Hier

Weitere Stellungnahmen des Netzwerks Wohngemeinnützigkeit: Hier

„Immofemme“ – Genossenschaft zur Kapital-Akquise

Nach “Job und Wohnen” und Molkenmarkt-Architekten-eG nun Immofemme: Die Liste der Wohnungsgenossenschaften mit genossenschaftsfernen Zielen wird immer länger. In seiner Juni-Ausgabe berichtet das Mietermagazin, die Mitgliederzeitung des Berliner Mietervereins,  unter der Überschrift “Genossenschaft zur Kapital-Akquise” über dieses Unternehmen, das Frauen eine gute Rendite verspricht. Wir dokumentieren den Bericht mit freundlicher Genehmigung der Autorin. (mehr …)

Hearing Iniforum: Änderung der Genossenschaftsförderung überfällig

 

Vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 erstellten 27 stadt- und mietenpolitische Initiativen ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept mit Lösungsvorschlägen für die drängendsten Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt – das Mietenpolitische Dossier. Die GENOSSENSCHAFTER*INNEN erarbeiteten damals in der AG Gemeinwohl gemeinsam mit dem NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e. V. und dem Netzwerk Berliner Mietshäusersyndikats-Initiativen Forderungen für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik.
Zwei Jahre später ist das Mietenpolitische Dossier 2021 weiterhin aktuell. Bei einem Hearing am 28. April 2023, dem ersten Tag der schwarz-roten Koalition, wurden die Forderungen und Lösungsvorschläge der Initiativen erneut vorgestellt und mit Vertreter*innen aus dem Abgeordnetenhaus und dem Senat diskutiert. Elisabeth Voß vom NETZ für Selbstverwaltung und Kooperation Berlin-Brandenburg e. V. erneuerte die Forderung nach einer Änderung der Genossenschaftsförderung . Das Hearing ist auf youtube veröffentlicht, etwa ab Minute 26 läuft die Passage im Vortrag von Elisabeth Voß, in der es um das Thema Genossenschaften geht.

Nachhaltiges Bauen und Wohnen. gemeinsam – gerecht – gestalten

RENN.mitte, die Regionale Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategien in Berlin, stellt ihre Jahrestagung 2023 unter das Thema Nachhaltig bauen. Wie kann der Umbau zu einer energieeffizienten und klimaangepassten Stadt sozialverträglich gestaltet werden? Wie können lokale Aushandlungsprozesse partizipativ gestaltet werden? Das sind einige Fragestellung, die aufgegriffen werden sollen. Die zweitägige Veranstaltung richtet sich an Vertreter:innen aus Kommunen, Politik, Stadt- und Regionalplanung, Bau- und Wohnungsunternehmen, Gewerkschaften, Mieterbünden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, Wissenschaft und an weitere Interessierte.
Der Veranstaltung findet statt am 10./11. Mai 2023, Veranstaltungsort ist die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.
Anmeldung ist noch bis zum 5. Mai 2023 möglich

Mehr Informationen unter www.renn-netzwerk.de/mitte/jahrestagung2023

Beamtenwohnungsverein zu Berlin eG – vermeintlich „Genderneutrale Sprache“

Zur Vertreter:innenwahl im Beamtenwohnungsvereins zu Berlin eG erreichte uns folgende Zuschrift:

In einem Schreiben vom 13. Februar 2023 zur Vertreter:innen-Versammlung 2023 des Beamtenwohnungsvereins zu Berlin eG wird folgendermaßen argumentiert:

„Bitte gestatten Sie uns nachstehend in diesem Zusammenhang einige organisatorische Hinweise: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen und sprechen mit sämtlichen Personenbezeichnungen alle Geschlechter an.“

Nachfolgend wird dann durchgängig die männliche Schreibweise verwendet, es gibt auch kein „Vertreterinnen und Vertreter“, sondern um „der besseren Lesbarkeit“ willen nur die männliche Form. Dies irritiert umso mehr, da der Beamtenwohnungsverein einer der wenigen großen Genossenschaften ist, die einen weiblichen Vorstand haben, sie müssten es doch also besser wissen?

Mittlerweile wird in der Wissenschaft, in der Verwaltung, in den Tagesszeitungen sowie den überregionalen Zeitungen sowohl die männliche als auch die weibliche Schreibweise verwendet. Die Gesellschaft besteht zur Hälfte aus Frauen, wieso werden wir der „besseren Lesbarkeit“ halber weggelassen? Das ist unzeitgemäß und diskriminierend allen Mitgliederinnen dieses Vereins gegenüber.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben seinerzeit so formuliert:

Artikel 3. (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Die durchgehende Verwendung der männlichen Schreibweise in diesem Schreiben benachteiligt mich. Ich fühle mich dadurch ausgeschlossen und ausgegrenzt. So geht das einfach nicht mehr – Wo leben wir denn?

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Progressive Wende statt rückwärts mit Schwarz-Rot

Berlins Mieter*innen brauchen eine progressive Wende in der Stadt- und Wohnpolitik – die Stadt darf nicht reaktionären Plänen und Investor*inneninteressen ausgeliefert werden.

83 Prozent aller Menschen in Berlin leben zur Miete. Berlin ist die Stadt der Mieter:innen. Und im Wohnen verdichten sich die großen Konfliktfelder von sozialer Ungleichheit, von Verteilungsfragen, Diskriminierung und auch Klimagerechtigkeit.
Die CDU ist eine Partei des Immobilienkapitals. Auf ihr – und insbesondere Kai Wegners – Agieren hin wurde 2020 der Mietendeckel gekippt. Als Lohn gab es von der Immobilienlobby im gleichen Jahr satte Spenden, die 80 Prozent der gesamten Parteispenden der CDU ausmachten.
Die CDU ist außerdem eine rückwärts gewandte Partei. Ihre rassistische Zuspitzung der Debatte über die Silvesterkrawalle und die Ankündigung der Abschaffung des Antidiskrimminierungsgesetzes nach einem Regierungsantritt sprechen eine offen reaktionäre Sprache.
Wir begreifen eine mögliche CDU-Regierungsbeteiligung folglich als Abschied vom Projekt einer fortschrittlichen Politik – auch und gerade im Bereich des Wohnens. Eine Koalition der SPD oder der Grünen mit der CDU bewerten wir als Preisgabe des Mieter*innenschutzes als politischem Auftrag, als Rückabwicklung erster zaghafter Ansätze einer partizipatorischen Stadtentwicklung und als Kampfansage an die von Mietpreissteigerung und Verdrängung bedrohten Mieter*innen Berlins.
Statt rot-schwarz braucht unsere Stadt einen Neustart von rot-grün-rot als wirklich progressiver Koalition. Dem muss diesmal ernsthafte Politik für das Wohl der Berliner*innen zugrunde liegen. Und im Bereich der Stadtentwicklung ist eine Vorbedingung dafür, dass die SPD sich von ihren Altlasten als Partei des Immobilienfilzes trennt. Ihre ideologische Sperrung gegen die – durch die Stadtgesellschaft und die eigene Parteibasis – längst legitimierte Umsetzung der Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne, das Durchdrücken regressiver Gestaltungspläne für den Molkenmarkt oder den Hermannplatz, sowie die Hinterzimmerdeals mit Investoren haben gezeigt, durch wen eine soziale Ausrichtung der rot-grün-roten Koalition im Bereich der Stadtentwicklung aktiv behindert wird: Durch Franziska Giffey, Andreas Geisel, Petra Kahlfeldt und ihre Gefolgsleute vom rechten SPD-Flügel.
Eine progressive Berliner Koalition muss daher, um für die Berliner*innen zu funktionieren, ihre Schlüsselpersonalien abseits von innerkoalitionären Machtkämpfen so wählen, dass die aktuellen Konfliktfelder im Bereich des Wohnens zukunfts- und gemeinwohlorientiert angegangen werden. Unserer Ablehnung einer Regierungsbeteiligung der CDU fügen wir die Forderung an alle r2g-Koalitionär:innen hinzu, Regierungs- und Verwaltungsposten entsprechend zu besetzen: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen muss von einer Person geleitet werden, welche die Interessenvertretung der Mieter:innen und deren Verteidigung gegen die Spekulation mit ihrem Wohnraum als grundlegendes Motiv ihres Handelns im Amt versteht. Statt untätig das – ohnehin uneingelöste – Bauen-Bauen-Bauen-Mantra nachzubeten, muss die gesamte Klaviatur von Bestandsschutz, Stärkung des gemeinwohlorientierten Sektors, von kommunalem Wohnungsbau, kooperativer Stadtentwicklung sowie entsprechender Initiativen im Bundesrat gespielt werden. Die Wohnraumversorgung Berlin muss wieder durch einen Vorstand besetzt werden, der die städtischen Wohnungsunternehmen auf die wirklichen Bedarfe unserer vielfältigen Stadtgesellschaft verpflichtet. Die Senatsbaudirektion muss eine „Stadt für Alle“ zum Leitgedanken erklären, der Intransparenz und autoritär getroffene Entscheidungen bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes ausschließt. Und die nächste Berliner Bürgermeister:in sollte Partizipation und demokratische Beschlüsse achten, statt sie beiseite zu wischen, sowie es verstehen, die Fäden von sozialer Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit in der Stadtentwicklung zusammenzuführen.

Auch eine Petition des Arbeitskreises Munizipalismus Berlin wendet sich gegen eine Regierungsbeteiligung der CDU: hier

 

Mögliche CDU-Beteiligung sorgt für Unruhe

Wer zieht mit wem ins Rote Rathaus? (Foto: Norbert Braun auf unsplash)

Die mögliche Beteiligung der CDU am nächsten Berliner Senat sorgt für Unruhe in der wohnungs- und stadtpolitischen Bewegung. In einem von Bizim Kiez initiierten Aufruf, der auch von den GENOSSENSCHAFTER*INNEN unterstützt wird, heißt es: Eine Koalition mit der CDU “werden wir als Preisgabe des Mieter*innenschutzes als politischem Auftrag, als Rückabwicklung erster zaghafter Ansätze einer partizipatorischen Stadtentwicklung und als Kampfansage an die von Mietpreissteigerung und Verdrängung bedrohten Mieter*innen Berlins bewerten.” Berlin brauche einen Neustart von rot-grün-rot als wirklich progressiver Koalition. “Und im Bereich der Stadtentwicklung ist eine Vorbedingung dafür, dass die SPD sich von ihren Altlasten als Partei des Immobilienfilzes trennt.”

Die Erklärung im Wortlaut HIER

Am 17. März: Diskussion über Genossenschaften und Gemeinwohl

“Potenzial der Genossenschaftsidee: Zwischen gemeinsamem Wirtschaften und Gemeinwohlorientierung” ist das Thema einer Diskussion am 17. März im werkraum des Genossenschaftsforums in Berlin-Schöneberg. Die Veranstaltung ist Teil einer Gesprächsreihe über Genossenschaften und Nachhaltigkeit im Rahmen der Ausstellung “Faktor Wohnen”, die bis zum 24. März in den Räumen des werkraums zu besuchen ist.

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Chance für bedrohtes Gewerbe: Eine für Alle eG sucht Unterstützung für Handwerkerhof

Wie so viele kleine Gewerbebetriebe in der Innenstadt ist der Handwerksbetrieb Tischleria von Verdrängung bedroht und muss im April 2023 seine bisherigen Produktionsräume in Berlin Tempelhof räumen. Nach langem Suchen für einen Ersatzstandort fanden sie die Alte Tabakfabrik in der Blomberger Straße in Reinickendorf-Wittenau. Der Eigentümer des Gebäudes, das auf einem Erbbaugrundstück des Landes steht,  will kurzfristig an die Eine für Alle eG verkaufen. (mehr …)

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